Toni Salomon geb. Stadthagen

Verlegeort
Württembergallee 8
Bezirk/Ortsteil
Westend
Verlegedatum
08. November 2021
Geboren
08. Juli 1887 in Berlin
Deportation
am 11. Juli 1942 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz
Biografie

Toni Bertha Salomon, geb. Stadthagen, wurde am 8. Juli 1887 in Berlin geboren. Ihre Eltern waren Agnes Stadthagen, geb. Jacobi, (1864-1938) und der Justizrat Dr. Julius Stadthagen (1855-1912). Ihre Mutter stammte aus Hamburg, ihr Vater war gebürtiger Berliner und als Anwalt an Berliner Landgerichten tätig. Unter vielen Verwandten war auch ihr Onkel, der angesehene SPD-Reichstagsabgeordnete Arthur Stadthagen (1857-1917). 

Toni hatte zwei jüngere Geschwister, ihre Schwester Lilli (1891-1941) und ihren Bruder Paul (1893-1943). Die Geschwister verband eine herzliche Beziehung im engen Familienkreis. Die Familie wohnte zunächst in der Zimmerstraße 94, Berlin-Mitte und zog dann 1900 in ein Viertel südlich des Tiergartens (Am Karlsbad 2). Im Unterschied zu ihren Geschwistern absolvierte Toni Salomon keine Ausbildung oder ein Studium; sie war musikalisch und literarisch begabt und arbeitete als Kindergartenhelferin. Ihr Vater war ein Amateur-Ägyptologe und besaß eine Sammlung antiker Fundstücke, die sich in der Familienwohnung befanden. Auf der Rückreise von einem Besuch in Ägypten starb Julius Stadthagen am 9. Mai 1912 noch auf See an einer Herzattacke. Sein Leichnam wurde mit dem Zug von Neapel nach Berlin überführt, wo er auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee beigesetzt wurde.

Toni Stadthagen (Salomon) heiratete am 29. September 1913 in Berlin den Neurologen Dr. Ernst Oberndörffer (1876-1916), der aus München stammte. Am 7. August 1914 wurde ihr Sohn Arnold geboren. Mit dem Ausbruch des 1. Weltkrieges verließ Ernst, noch vor der Geburt seines Sohnes, Berlin, um als Sanitätsoffizier in der deutschen Armee an der Westfront zu dienen, wo er das Eiserne Kreuz II. Klasse und die Bayrische Militärverdienstmedaille erhielt. 1915 trat er in die Osmanische Armee ein und wurde zum Arzt im Stab des Feldmarschalls von der Goltz ernannt; er reorganisierte das Lazarett in Bagdad nach deutschen Richtlinien, wofür er mit dem „Eisernen Halbmond“ ausgezeichnet wurde. Ernst Oberndörffer infizierte sich mit Typhus und starb am 10. März 1916 in Bagdad, wo er auf dem Jüdischen Friedhof beerdigt worden ist.

Toni, jetzt Kriegswitwe, zog mit ihrem Sohn Arnold und ihrer Mutter in die Hölderlinstraße 10 nach Westend, einem Viertel in Charlottenburg. Mutter und Sohn wohnten im Erdgeschoss und Agnes Stadthagen in ihrer eigenen Wohnung im ersten Stock. Toni Salomons Schwester Lilli Rehfisch und ihr Bruder Paul Stadthagen würden ebenfalls bald ihre jeweiligen Familien in der Nähe großziehen.

Mit dem Arzt Dr. Julian Nathanblut (1877-1942) ging Toni Salomon am 10. Juli 1919 ihre zweite Ehe ein. Geboren in St. Petersburg war er mit seiner Familie nach Warschau umgezogen und dann 1883 nach Berlin. Nathanblut wuchs in Berlin auf, studierte Medizin und, nachdem er seinen Doktortitel an der Universität von Leipzig erworben hatte, praktizierte er als Arzt in Berlin. Nach einer kinderlosen Ehe ließen sich Toni und Julian ein Jahr später scheiden. Da Letzterer aufgrund der antisemitischen Gesetzgebung nach 1933 keine Patienten innerhalb des öffentlichen Gesundheitswesens mehr behandeln konnte, emigrierte er nach Belgien und später nach Frankreich.

Er wurde am 28. August 1942 vom Durchgangs- und Internierungslager Drancy aus in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert, wo die Deutschen ihn ermordeten.

Ihre dritte Ehe ging Toni (Stadthagen/Nathanblut/Salomon) am 18. April 1922 mit dem Justizrat Dr. Philipp Salomon (1867-1941), einem Anwalt am Kammergericht, ein. Als Schachspieler und Amateur-Pianist wurde er ein enges Mitglied der Großfamilie, der auf Familienfeiern Klavier spielte und seinen Schwager Hans Rehfisch (1891-1960) bei Gesangsduetten begleitete. Er war in der Lage, die Großfamilie in ihren rechtlichen Belangen zu beraten und zu unterstützen.

Toni und Philipp Salomons Tochter Eva-Marie wurde am 18. September 1924 geboren. Eva-Marie hatte Lernbehinderungen, und sie besuchte daher Sonderschulen. Die Familien Salomon, Rehfisch und Stadthagen standen sich nahe und unterstützten sich in der Weimarer Zeit. Nachdem 1933 Hitler an die Macht gekommen war, konnte Tonis Sohn Arnold aufgrund einer antisemitischen Quotierung der Studienplätze kein Medizinstudium an einer deutschen Universität aufnehmen. Daher emigrierte er in die Niederlande. Aufgrund einer schweren Krankheit, kehrte er 1936 nach Deutschland zurück, um sich in einem Sanatorium der Kurstadt Obernigk in Niederschlesien zu erholen. Dort starb Arnold Oberndörffer am 16. Februar 1937. Er ist auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee in Berlin beerdigt.

Die Familie Salomon ertrug unterdrückende soziale Verhältnisse aufgrund der Rassengesetze der späten 1930er-Jahre. Die Familie zog 1938 von der Hölderlinstraße in die Württembergallee 8, ihre letzte Adresse freier Wahl. Toni Salomons Mutter Agnes Stadthagen starb am 22. Juni 1938 und ist auf dem Friedhof Weißensee neben ihrem Ehemann begraben. Die Familienpläne für eine Auswanderung nach Palästina wurden wegen Philipp Salomons schlechtem Gesundheitszustand während der späten 1930er-Jahre verschoben. Philipp Salomon starb am 27. April 1941in seiner Wohnung an einem Herzinfarkt. Seine Asche wurde auf dem Friedhof Weißensee beigesetzt.

Am 29. November 1941 wurde Toni Salomons jüngere Schwester Lilli Rehfisch in das Konzentrationslager Jungfernhof bei Riga deportiert, wo sie ermordet wurde.

1942 wurden Toni Salomon und ihre Tochter Eva-Marie gezwungen, in das Haus Maikowskistraße 107 (heute Zillestraße) umzuziehen, das wahrscheinlich ein sogenanntes „Judenhaus“ war. Sie wurden zusammen am 11. Juli 1942 in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Toni und Eva-Marie Salomon fanden im Vernichtungslager den Tod.

Toni Salomons Bruder Paul Stadthagen wurde am 23. September 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo auch er ermordet wurde.

Toni Salomon hinterlässt keine direkten Nachkommen, aber sie wird von den Nachkommen ihrer jüngeren Geschwister in Erinnerung gehalten und wegen ihrer Integrität und Liebe als Schwester, Mutter und Tante gewürdigt. Ihre Nichte Beate Rehfisch erinnerte sich an sie als eine zentrale Person in der Großfamilie, voller Wärme, Großzügigkeit und Güte.