Jette Ascher wurde am 15. Januar 1870 als viertes Kind des Schneiders Hirsch Ascher und dessen Ehefrau Michle geb. Baruth in Ritschenwalde Krs. Obornik in Posen geboren. Dort wurden auch ihre drei älteren Schwestern sowie die jüngere Schwester Röschen zwischen 1865 und 1873 geboren. Etwa 1874 muss der Schneider Hirsch Ascher mit Frau und fünf Töchtern nach Berlin ins Scheunenviertel gezogen sein. Dort wurden 1875 und 1876 in der Dragonerstr. 13 die Töchter, Caroline und Martha, geboren. Ihnen folgte im Jahr 1878 noch das achte Kind – der einzige Sohn - Philipp. Von den acht Kindern starben vier bereits im Kindesalter. Jette Ascher wuchs daher im Scheunenviertel nur mit den Schwestern Zore (* 1865), Pauline (* 1866) und Röschen (* 1873) auf.
Jette Ascher heiratete am 7. Oktober 1896 den 1868 in Schlesien geborenen Eugen Silberstein, dessen Familie um 1894 nach Berlin gezogen war. Aus der Eheurkunde wissen wir, dass Jette bei den Eltern in der Dragonerstraße 4 wohnte. Ihr Bräutigam, der Kaufmann Eugen Silberstein, wohnte bei seiner Mutter Cäcilie in Schöneberg bei Berlin. Eugen und Jette bekamen zwei Söhne. Am 7. August 1897 wurde Alfred Joachim in der Wohnung der Eltern in der Goethestr. 58 in Charlottenburg (damals noch bei Berlin) geboren. Ihm folgte am 9. März 1900 sein Bruder Johann Philipp. Die Familie wohnte bis etwa 1907 unter verschiedenen Adressen in Charlottenburg. Ab der Ausgabe 1907 finden wir Eugen Silberstein dann in Berlin-Mitte. Er betrieb in der Münzstraße 1 gemeinsam mit Hermann Kulke ein Bank-, Wechsel- und Lotteriegeschäft. Im Jahre 1916 zogen Eugen, Jette und die Kinder dann in die Schönhauser Allee 144 in die II. Etage in Berlin-Prenzlauer Berg. In den Adressbüchern von 1917 bis 1930 ist Eugen als Kaufmann mit Telefon verzeichnet. Ab der Ausgabe 1931 bis zur Ausgabe 1939 ist dann der Rechtsanwalt und Notar Dr. Alfred Silberstein unter dieser Anschrift verzeichnet – vermutlich hat Eugens ältester Sohn die Wohnung übernommen.
Mit der Machtübernahme der Nazis in Deutschland wurden auch für die Familie Silberstein die Lebensumstände immer dramatischer. Als Juden diffamiert, wurden sie in den Folgejahren systematisch entrechtet, enteignet und verfolgt.
So wurde dem Sohn Dr. Alfred Silberstein die Ausübung seines Anwalt- und Notarberufes verboten und damit die wirtschaftliche Existenz genommen. Auch die Familie Silberstein bemühte sich deshalb um die Möglichkeit zur Emigration aus Deutschland. Im März 1939 hatten sie endlich alle notwendigen Papiere zur Ausreise beisammen, alle Formalien um die Auflösung der Wohnung waren erledigt …. doch Jettes Ehemann, Eugen Silberstein, verstarb am 5. April 1939 im Jüdischen Krankenhaus Wedding an Gesichtsrose und Herzschwäche. Eugen Silberstein wurde auf dem Jüdischen Friedhof Weissensee bestattet. Sein Grab ist noch heute dort zu finden. Eugen und Jette wohnten lt. Sterbeurkunde zu diesem Zeitpunkt in der Martin-Lutherstr. 81 in Berlin-Schöneberg. Im Adressbuch ist Eugen nicht vermerkt – das Ehepaar lebte also dort als Untermieter. Bei wem und seit wann sie dort wohnten konnte nicht ermittelt werden. Nur 5 Tage nach Eugens Tod gelang es Sohn Alfred am 10. April 1939 mit der verwitweten Mutter, Jette Silberstein geb. Ascher, seiner Frau Käthe, dem 8-jährigen Sohn Horst sowie der Schwiegermutter Lieschen Crohn geb. Lewin per Zug über die Schweiz nach Italien und von dort mit einem Kreuzfahrtschiff nach Shanghai/China zu entkommen.
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