Martin Moser geb. Moses

Verlegeort
(Stolperstein ist virtuell)
Fechnerstraße 7
Historischer Name
Lauenburger Str. 23
Bezirk/Ortsteil
Wilmersdorf
Geboren
21. Juli 1895 in Schlesien
Beruf
Kaufmann
Flucht
1937 USA
Überlebt
Biografie

Martin Moser kam am 21. Juli 1895 als Sohn von Karl/Carl und Lea/Laura Moses in der preußischen Provinz Schlesien auf die Welt. 

In Breslau (heute: polnisch Wroclaw) betrieb sein Vater ein Geschäft für Getreide und Sämereien. 

Martin hatte drei Geschwister: Alfred (geb. 1893), Felicia (geb. 1897) und Franz (geb. 1899). Wie seine Brüder wurde auch Martin im I. Weltkrieg eingezogen. 

Im Juli 1915 wurde er bei Gefechten an der Weichsel gegen Einheiten des zaristischen Russlands schwer verwundet.  In den «Verlustlisten des I. Weltkrieges» wurde er unter dem Familiennamen Moses geführt. Bei Zeitgenossen galt dieser Name als jüdisch, was seine Träger potenziell zum Ziel judenfeindlicher Anfeindungen und Übergriffe werden ließ.  Grund genug, eine Änderung des Familiennamens herbeizuführen: Mit Bewilligung des preußischen Justizministers nahm Martin im Oktober 1924 den Familiennamen Moser an. 

In kaufmännisch leitender Stellung arbeitete Martin Moser im Ex- und Importgeschäft von Naturdärmen, einem Handelsgut, welches sowohl für Wursthüllen als auch für Saiten von Streichinstrumente genutzt wurde. Seine Handelsbeziehungen erstreckten sich über Europa hinaus bis nach Südamerika. 

Nach längerer Tätigkeit in Frankfurt a. Main kam Martin Moser 1926 nach Berlin, um sich hier als Großhändler für Därme selbstständig zu machen. Seine Geschäftsadresse in der Georg-Wilhelm-Straße 6 in Berlin-Halensee war zugleich seine Wohnadresse und die seines Bruders, des Rechtsanwalts Dr. Franz Moser. 

Im November 1936 heiratete Martin Moser die Witwe Marta Kläschen, geborene Prinz und zog zu ihr in die Lauenburger Straße 23 (heute: Fechnerstraße 7) nach Wilmersdorf. Im selben Jahr wurde unter Federführung des Reichsnährstandes jüdischen Darmhändlern der Zugang zum Markt verschlossen und diese folglich ihrer wirtschaftlichen Grundlage beraubt. Erzwungenermaßen stellte daraufhin auch Martin Moser im März 1937 seine Geschäftstätigkeit ein. Einen Monat später erging an ihn die die Aufforderung, seinen Reisepass, über den er ursprünglich wegen seiner ausländischen Handelskontakte verfügte, der Polizei auszuhändigen. 

Für ihn und Marta war damit eine weitere Stufe staatlicher Drangsalierung erreicht, der sie sich nicht länger aussetzen wollten. Fluchtartig verließen sie am 30. April 1937 das Land über Italien nach Marseille (Frankreich). Wegen eines Streiks verzögert sich die Abfahrt der „De Grasse“, des Passagierschiffes, das sie in die Vereinigten Staaten bringen sollte. Ungewissheit und eine zunehmend prekäre finanzielle Lage prägten Martins und Martas unfreiwilligen Aufenthalt, bevor sie Europa verließen. 

Mit Touristenvisa im Gepäck betraten Martin und Marta am 9. Juni 1937 in New York amerikanischen Boden. Erneut begann eine Zeit des Wartens, in der Freunde sie finanziell unterstützten, bis sie im November 1937 endlich ihre Einwanderungsunterlagen in Händen hielten. Unmittelbar darauf reisten sie nach Houston/Texas weiter, denn für Martin bestand dort die Aussicht einer Anstellung in einer Firma für Autoteile. 

Selbst als Martin und Marta Moser Deutschland und Europa längst verlassen hatten, ging das NS-Regime gegen sie vor: Anfang Juni 1937 verschaffte sich die Geheime Staatspolizei Zugang zur Wohnung Lauenburger Straße 23 und durchsuchte sie. Ebenfalls im Sommer 1937 machte das Finanzamt Wilmersdorf vermeintliche Steuerrückstände des 1934 verstorbenen Louis Kläschen geltend, um daraufhin Martas und Martins Hausrat und Mobiliar in einer öffentlichen Auktion versteigern zu lassen. 

Der »Deutsche Reichsanzeiger und Preußische Staatsanzeiger« gab am 12. Mai 1939 Martins und Martas Ausbürgerung bekannt. Grundlage der Maßnahme war das »Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit« vom 14. Juli 1933. In Martas Fall nahm dieses Vorgehen absurde Züge an, denn an Stelle der deutschen Staatsbürgerschaft besaß sie bereits seit 1923 die peruanische, die sie auch nach dem Tod ihres ersten Ehemannes nicht abgelegt hatte! 

Martin Moser starb am 8. April 1967 im Alter von 71 Jahren in Texas und Marta Moser starb am 24. Juni 1984 ebenfalls in Texas. Martins älterer Bruder Alfred emigrierte 1937 in die Vereinigten Staaten. Sein jüngerer Bruder Franz folgte 1938. Martins Schwester Felicia emigrierte 1933 nach Palästina. Sie verließ 1948 Israel und kam ebenfalls in die USA. 

Quellen

 - Ancestry 

- Entschädigungsbehörde, im Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten: Akte Marta Moser, Akte Martin Moser. 

- Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes, RZ 214/99783 

- Verlustlisten 1. Weltkrieg, S. 7824 http://des.genealogy.net/eingabe-v…;

- Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit vom 14.7.1933, in: RGBl,1933, I. S. 480. 

- Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger, Nr. 108 vom 12. Mai 1939. https://digi.bib.uni-mannheim.de/p…