Kurt Lilienthal

Verlegeort
Kantstraße 12
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg
Verlegedatum
24. September 2024
Geboren
06. August 1882 in Berlin
Beruf
Sänger und Schauspieler
Flucht
1933 Holland
Interniert
von 20. Januar 1943 in Westerbork
Deportation
am 25. Mai 1943 nach Sobibor
Ermordet
28. Mai 1943 in Sobibor
Biografie

Kurt Lilienthal wurde am 6. August 1882 in Berlin in eine künstlerische Familie geboren. Sein Bruder Erich wurde als Kinobesitzer, Komiker und Filmschauspieler bekannt, seine Schwester war die spätere Soubrette Grete Lilien, und sein Neffe Gerald (Gerry) Wolff wurde ein bekannter Schauspieler in der DDR. Auch Kurt entschied sich für die Bühne und wurde unter dem Künstlernamen Kurt Lilien als Sänger, Schauspieler und Kabarettist bekannt.

Erste Erfolge ab 1903 im Berliner "Intimen Theater" am Alexanderplatz führten ihn nach Wesel, Leipzig und Hamburg. Dort nahm ihn Theaterdirektor Hermann Haller am Carl-Schultze-Theater unter Vertrag und war für die nächsten zehn Jahre sein Förderer und Wegbegleiter. Als beide 1923 zurück in ihre Heimatstadt Berlin kamen, pachtete Haller das Theater am Nollendorfplatz und den Admiralspalast, wo Kurt Lilien eine Hauptrolle in zahlreichen populären Haller-Revuen spielte, darunter „Drunter und Drüber“ (1923) oder „Schön und Schick“ (1928) – Klassiker der 1920er Jahre. Ab 1929 war Kurt Lilien in weiteren Spielstätten in Berlin engagiert, u.a. am Theater in der Behrenstraße, an der Komischen Oper und im Theater des Westens. Eine seiner Rollen im Theater des Westens war der Herzog von Rikarak in der Operette „Prinz Methusalem“ von Johann Strauß (Sohn), die er im Februar 1932 allabendlich an der Seite von Filmstar Lizzi Waldmüller und dem Schauspieler Paul Morgan verkörperte. Darüber hinaus spielte Kurt Lilien Nebenrollen in über 50 Filmen und war Synchronsprecher im Walt-Disney-Film „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ (1937).

Privat wohnte Kurt Lilien in der Güntzelstraße 30 in einer 1927 entstandenen Künstlerkolonie im ansonsten ruhigen und bürgerlichen Berliner Stadtteil Wilmersdorf. Gegenüber, in der Hausnummer 3, wohnten die Schauspielerin Hilde Wörner und ab 1927 der Journalist Egon Erwin Kisch. Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki verbrachte ab 1934 in der Nummer 53 seine Kindheit. (https://www.gedenktafeln-in-berlin…)

Laut „Dietzlers Auto-Adressbuch“ war Kurt Lilien 1932/33 Besitzer eines amerikanischen Automobils der Marke Chandler Typ 19, mit dem er zweifellos ein Statement im Straßenbild setzte. 

Mit dem Aufstieg der Nationalsozialisten war Kurt Lilien als Jude der Gewaltherrschaft schutzlos ausgeliefert. Nach dem Auftritts- und Filmverbot für "nichtarische Künstler" entschied er sich 1933 für die Flucht in die Niederlande. In Amsterdamer Exil lernte er, inzwischen 52jährig, die aus Bukarest stammende Cornelia Grünfeld kennen und heiratete sie im Januar 1935. Auch traf er zahlreiche andere Geflüchtete, mit denen er schon in Berlin auf der Bühne gestanden hatte, darunter Max Ehrlich, Otto Wallburg und den Theaterdirektor Rudolf Nelson. Gemeinsam spielten sie an Nelsons Kleinkunstbühne, dem Leidschepleintheater oder später an der Hollandsche Schouwburg. Später in Joodsche Schouwburg umbenannt, wurde das Theater im Juli 1942 geschlossen und in eine Deportationsstelle umgewandelt. Von dort wurden Kurt Lilienthal und Cornelia Grünfeld am 20. Januar 1943 nach Westerbork deportiert. 

Das sogenannte "Durchgangslager" Westerbork wurde im Zweiten Weltkrieg als „Portal zur Hölle“ bezeichnet. Tatsächlich wurden auf Befehl von Heinrich Himmler ab 1943 Transporte aus den Niederlanden in das Vernichtungslager Sobibor organisiert. Zwischen März und Juli 1943 trafen vermutlich 19 Transportzüge mit insgesamt 34.313 Juden und Jüdinnen aus den Niederlanden in Sobibor ein, darunter am 28. Mai 1943 auch das Ehepaar Lilienthal. Nach der dreitägigen Zugfahrt wurden sie höflich empfangen, um eine mögliche Gegenwehr zu vermeiden, mussten dann aber im Lager II ihre letzten Besitztümer und Kleidung abgeben. Ein Weg durch ein Waldstück führte direkt zu den Gaskammern. Noch am Tag ihrer Ankunft wurde Kurt Lilien zusammen mit Ehefrau Cornelia Grünfeld-Lilienthal ermordet. Er wurde 60 Jahre alt.