Linna Bernstein wurde am 30. Mai 1870 in Borek/Kreis Koschmin (polnisch heute Borek Wielkopolski) geboren. Sie war die Tochter der Eheleute Moses und Fanny Werner.
Am 25. Oktober1892 heiratete sie den Kaufmann Louis (manchmal auch Ludwig) Bernstein aus Schrimm (polnisch heute Śrem/Posen).
Aus der Ehe ging der Sohn Erich Hans Egon Bernstein hervor, der am 19. Juni 1893 in Berlin geboren wurde. Daraus lässt sich schließen, dass die junge Familie inzwischen nach Berlin umgezogen sein musste.
Über Linnas Ehemann Louis/Ludwig wissen wir nichts, nur dass er bereits 1930 verstorben war, also lange vor dem späteren Deportationsverbrechen. Bereits 1931 findet Linna sich im Adressbuch mit einem eigenen Eintrag in der Sybelstraße.
Sohn Erich wohnte zusammen mit seiner Frau Charlotte Bernstein geb. Sommerfeld ganz in der Nähe seiner Mutter Linna, in der Augsburger
Straße 9. Dem Ehepaar Erich und Charlotte wurde am 24. Februar 1924 die Tochter Helga geboren.
Laut Aussage einer überlebenden Zeugin im späteren Entschädigungsverfahren lebte die Witwe Linna Bernstein in einer „soliden und gediegenen“ 2-Zimmer-Wohnung in der Passauer Straße 17 (heute Ettaler Straße 8). Dass Linna Bernstein durchaus vermögend gewesen sein musste, kann aus dem in den Akten vorliegenden sog. „Bescheid über die Judenvermögensabgabe“ geschlossen werden. Dieser Bescheid zeigt die perverse Vorgehensweise der nationalsozialistischen Verfolgung und Entrechtung der jüdischen deutschen Bevölkerung. Es ist bekannt, dass die jüdische Bevölkerung nach der Reichspogromnacht vom 9. November 1938 die von Goebbels initiierten und von SA-Horden verursachten Schäden in Umkehrung der tatsächlichen Verhältnisse selbst bezahlen musste. Deshalb wurde für Linna Bernstein mit Bescheid vom 10.01.1939 „auf Grund der Durchführungsverordnung über die Sühneleistung der Juden vom 21. November 1938 … die zu entrichtende Abgabe festgesetzt auf 9800 Reichsmark“. Großzügigerweise durfte sie die Abgaben „in vier Teilbeträgen von je 2450 RM“ entrichten.
Linna Bernstein wurde am 16. Juni 1943 ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert und dort im Alter von 73 Jahren ermordet.
Wie schlimm muss es für sie gewesen sein, einen Monat zuvor noch miterleben zu müssen, dass Sohn Erich und Schwiegertochter Charlotte am 17. Mai 1943 aus der Augsburger Straße 9 „mit unbekanntem Ziel“ deportiert worden war. Später wurde bekannt, dass die Eltern der Enkelin Helga in Auschwitz ermordet wurden.
Als einzige Überlebende der Familie muss die Enkelin Helga Bernstein, spätere Relation, rechtzeitig emigriert sein, denn sie stellte in den Fünfzigerjahren von Long Beach/Kalifornien aus einen Entschädigungsantrag für ihre ermordete Großmutter.
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