Johanna Herlitz geb. Cohn

Verlegeort
Wattstr. 11
Bezirk/Ortsteil
Oberschöneweide
Verlegedatum
26. Januar 2024
Geboren
14. Oktober 1881 in Groß Stepenitz (Hinterpommern)/Stebnica
Beruf
kein
Deportation
am 13. Juni 1942 von Berlin, Bhf. Grunewald nach Sobibor
Ermordet
in Sobibor
Biografie

Johanna Cohn wurde am 14.Oktober 1881 in Groß Stepenitz am Stettiner Haff geboren. Ihre Eltern sind der Kaufmann Isidor Cohn und Rosa Rosalie Cohn geb. Cohnreich.  Um 1905 zog die achtköpfige Familie nach Berlin in die Schillingstraße. 

Kurz darauf heiratete Johanna den Steindrucker Ludwig Herlitz aus Leobschütz(Oberschlesien)/Glubczyce. Das Ehepaar wohnte seitdem in Oberschöneweide.  Ludwig arbeitete für den Magistrat. Beide waren nicht religiös. 

Die Familie wuchs schnell: 1906 wurden Henriette, 1909 Frida Rosa, 1913 Dorothea und 1916 - als Nachzügler -  der Sohn Oskar geboren. Die Kinder gingen vermutlich in die örtlichen Schulen. Seit 1917 wohnte Familie Herlitz in der Parterrewohnung des Hinterhauses der Wattstr.11.  
Familiäre Unterstützung bekam die Großfamilie  durch Johannas Mutter, die Witwe Rosa Cohn, die seit 1920 bis zu ihrem Tode 1926 in der Wattstr.12 wohnte. Außerdem wohnte Johannas Zwillingsschwester Selma mit Mann und Sohn in der nahen Kleingartenkolonie  "Am Freibad". 

Johannas Tochter Henriette - eine Näherin -  verließ als erste die elterliche Wohnung. Auch Dorothea - als Hausangestellte tätig - zog aus. Im Jahr 1933 heiratete Tochter Frida Rosa Walter Wick und bezog eine Wohnung um die Ecke in der Deulstraße. 

Als Johannas Ehemann Ludwig  Anfang 1933 verstarb, war Oskar erst 17 Jahre alt. Johanna, nun Haushaltsvorstand, musste künftig allein für Miete und Lebensunterhalt aufkommen. Sie sah sich gezwungen, ein Zimmer an Fremde unterzuvermieten. 

Die Familie, immer stärker von den lebensbedrohlichen Reglementierungen für Menschen mit jüdischer Herkunft bedroht, rückte enger zusammen. Um 1939 kehrten Dorothea, 1942 dann auch Henriette zurück in die elterliche Wohnung. Sohn Oskar, ein Fahrstuhlmonteur, heiratete 1940 Inge Jacobsohn. Johanna überließ dem jungen Paar das zweite Zimmer. Sie bewohnte nun mit den beiden Töchtern die Küche. In der erzwungenen Vermögenserklärung von 1942 wird als Ausstattung ein Feldbett angegeben.
Finanzielle Mittel um ins rettende Ausland zu fliehen, waren offensichtlich nie vorhanden. Die spätere Aufzählung des restlichen Hausstands - 1 Schirm,  1 Paar Schuhe, 1 Hemd, 1 Schlüpfer, 1 Unterkleid, 1 Kopfkissen, 2 Tischdecken, 4 Handtücher, 1 Oberbett - gibt Aufschluss über die Lebensumstände. 

Johanna wurde zusammen mit Tochter Dorothea am 13. Juni 1942 in der Vernichtungslager Sobibor im Länderdreieck Polen, Belarus, Ukraine deportiert. Es diente ausschließlich der sofortigen Ermordung von Juden im Rahmen der " Aktion Reinhardt ".  Das weitere Schicksal von Johanna Herlitz geb. Cohn ist nicht genau bekannt. Aber als der Zug sein Ziel am 15. oder 16. Juni 1942 erreichte, mussten vermutlich alle 1030 Insassen ihr Gepäck abgeben und sich zwecks Desinfektion der Kleidung entledigen. Über die sog. Himmelsstraße wurden sie zu den als Duschen getarnten Gaskammern geführt, durch Motorgase erstickt und in vorbereitete Gruben geworfen.