Elfriede Weiss wurde am 6. April 1872 in Ratibor, Schlesien, geboren. Sie hatte noch zwei Schwestern und einen Bruder, die später ebenfalls in Berlin lebten:
- Marianne, verheiratete Kaiser, lebte in der Albrechtstr. 38
- Friederike, verheiratete Wangenheim verstarb 1940
- Adolf verstarb 1926.
Elfriede Weiss heiratete Ludwig Blumenthal. der im 1. Stock der Steglitzer Schloßstraße 110 ein Uhrmachergeschäft führte. Elfriede hatte im Erdgeschoss ein Putz- und Hutgeschäft.
Der Bruder Adolf Weiss hatte 1914 in der Schloßstraße 29 in Steglitz ein Damen-Konfektionshaus eröffnet. Nach den Erfahrungen der Inflationszeit erwarb Adolf Weiss zur Kapitalsicherung 1925 u.a. das Haus Albrechtstraße 38. Zu dieser Liegenschaft in unmittelbarer Nähe des Steglitzer Stadtparks gehörte ein damals den gesamten Raum zwischen Albrecht- und Beymestraße umfassendes Grundstück mit Hof und Garten hinter einem Wohn- und Geschäftsgebäude für 30 Mietparteien.
Nach dem Tod von Adolf Weiss 1926 übernahm seine 1901 geborene Tochter Lily geborene Weiss die Geschäftsleitung des „Damen-Konfektions-Haus Adolf Weiss Nachf.“ am neuen Sitz Albrechtstraße 38. Lilly Weiss hatte 1922 den Eisen-Kaufmann Martin Philipp geheiratet. Die Familie Philipp wohnte zusammen mit der 1923 geborenen Tochter Charlotte zunächst im ersten Stock über dem Konfektionshaus in der Schloßstraße, zog jedoch 1929 mit ihrer Privatwohnung ebenfalls in die Albrechtstraße 38.
1936 wurde das Grundstücks-Eigentum zwischen Elfriede Blumenthal, geborene Weiss und ihrer Nichte Lily Philipp, geborene Weiss aufgeteilt.
In den Jahren 1935-1938 zogen weitere Verwandte der Familie Weiss in das Haus Albrechtstr. 38 ein, so Marianne Kaiser, deren Tochter Hertha Lewy und ihr Ehemann Max Lewy. Auch Friederike Wangenheim lebte zum Zeitpunkt der Volkszählung 1939 bereits in der Albrechtstr. 38, sowie Georg Schindler und seine Ehefrau Klothilde, ein Neffe von Friederike Wangenheim.
Als Anfang 1939 die Liquidation des jüdischen Geschäftshauses durch die NS-Rassenpolitik erzwungen wurde, erfolgte der Verkauf von Haus und Geschäft an den benachbarten Fleischermeister Hans Pfuhlmann. Der Eigentums-Anteil der Familie Philipp wurde dazu eingesetzt, die Auswanderung nach Südamerika finanziell vorzubereiten. Martin und Lily Philipp gelang zusammen mit der heranwachsenden Tochter Charlotte die
Emigration
nach Chile.
Elfriede Blumenthal war bis zu den Jahren 1940 und 1941 im Berliner Adressbuch noch gemeinsam mit Frau E. Lohmann aus der Elisenstraße 2 und der Fleischermeister Hans Pfuhlmann aus der Sedanstraße 2 als Eigentümerin der Albrechtstr. 38 geführt. Die Hausverwaltung war ab 1940 Meta Rothenburg, Sedanstraße 44, übertragen.
Bei dem Zuzug weiterer jüdischer Familien handelte es sich jetzt um Untermieter in bereits an Juden vermietete Wohnungen. Dies erfolgte in Abstimmung mit dem Hauptwirtschaftsamt und unter Mitwirkung des „jüdischen Wohnungsnachweises“.
Nach Beginn der Juden-Deportationen aus Berlin wurden die „Evakuierungen“ von jüdischen Bewohnern des Hauses Albrechtstraße 38 in drei Phasen Mitte September 1942, Anfang Dezember 1942 und Anfang März 1943 durchgeführt. Danach galt das Haus dann als „judenrein“.
Ludwig und Elfriede Blumenthal wurden mit dem 32. Ost-Transport am 3. März 1943 nach Auschwitz deportiert und ermordet.
Elfriede Weiss wurde am 6. April 1872 in Ratibor, Schlesien, geboren. Ihre Eltern waren Simon Weiss (1833 – 1906) und Henriette Weiss, geb. Weiss (1829 – 1901). Sie lebten in Lohnau, wo auch die drei ersten Kinder geboren wurden, bevor die Familie dann 1863/64 nach Ratibor umzog. Marianne war das dritte von mindestens acht Kindern dieser Familie. Ihre Geschwister waren, nachweislich der vorliegenden Geburtsurkunden:
- Goldine Schindler, geb. Weiss am 20.1.1860 in Lohnau/Cosel
- Ernestine Silberberg, geb. Weiss am 28.08.1861 in Lohnau / Cosel
- Marianne Kaiser, geb. Weiss am 17.03.1863 in Lohnau / Cosel
- Adolf Weiss, geb. 1864 in Ratibor/ Schlesien
- Nathan Weiss, geb. 16.11.1865 in Ratibor/ Schlesien
- Gottlieb Weiss, geb. 3. Dezember 1866 in Ratibor/ Schlesien
- Friederike Wangenheim, geb. Weiss am 30.09.1870 in Ratibor/ Schlesien
In der Datenbank geni.com sind außerdem Wilhelm, geb. am 9. Juni 1868 in Ratibor, und Martha, geb. am 7. August 1869 in Ratibor als Kinder von Henriette und Simon Weiss ausgewiesen. Zu ihnen haben wir jedoch keine weiteren Spuren finden können.
Bereits Ende des 19. Jahrhunderts gab es engere Kontakte nach Berlin - zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten mehrere Kinder von Simon und Henriette Weiss beruflich nachweislich der Berliner Adressbücher in Berlin Fuß gefasst.
Elfriede Weiss heiratete Ludwig Blumenthal. Am 19. November 1901 wurde in Wittkowitz, Mähren, ihre Tochter Herta geboren.
1914 lebte die Familie Blumenthal nachweislich in Berlin-Steglitz, in der Florastr. 19. 1915 führte Elfriede Blumenthal, geb. Weiss, in der Schloßstr. 110 im Erdgeschoß ein Hutgeschäft. Ludwig Blumenthal hatte sein Uhrengeschäft im ersten Stock. In diesem Haus wohnten und arbeiteten Elfriede und Ludwig bis 1934.
Am 22.10.1921 heiratete Elfriedes Tochter Herta ihren Kusin Arthur Schindler, geb. am 15.2.1896 in Breslau. Arthur Schindler war der Sohn von Elfriedes Schwester Goldine Schindler, geb. Weiss. Herta und Arthur Schindler wohnten einige Zeit bei Hertas Eltern Blumenthal in der Schlossstr. 110. Arthur Schindler hatte seit 1926 ein Geschäft für Damenmoden in der Schlossstraße 101. Dem Berliner Adressbuch ist zu entnehmen, dass er ein weiteres Geschäft für Damenhüte von 1932 bis 1939 in der Schlossstraße 107/108 betrieb.
Elfriede Blumenthal war zuletzt 1933 in der Schloßstr. 110 mit ihrem „Putzgeschäft“ im Adressbuch zu finden. 1934 zog das Ehepaar Blumenthal nach Mahlow (Blankenfelde) in die Kleiststr. 11. Auch Ihre Tochter Herta und der Schwiegersohn Arthur Schindler wohnten dort.
1936 wurde Elfriede Blumenthal, geb. Weiss als Miteigentümerin Albrechtstr. 38 ins Grundbeuch eingetragen. Der Bruder Adolf Weiss hatte 1925 das Haus Albrechtstraße 38 erworben. Zu dieser Liegenschaft mit Wohn- und Geschäftsgebäude für 30 Mietparteiengehörte ein großes Grundstück zwischen Albrecht- , Sedan. und Beymestraße mit Hof und Garten.
Adolf Weiss führte seit 1916 ein Damenkonfektionsgeschäft in der Schloßstr. 29. Er wohnte laut Adressbuch in der Schloßstr. 101, hatte 1924 das Haus Schloßstr. 117 erworben. Als er 1926 starb, hatte er seine Tochter Lilli (geb. am 10. Oktober 1901) und seinen Schwiegersohn Martin Philipp als Eigentümerfür die Schloßstr. 117 eingesetzt, für die Albrechtstr. 38 nur seine Tochter Lilli . Das „Damen-Konfektions-Haus Adolf Weiss " in der Schloßstr. 29 wurde von Lilli und Martin Philipp weitergeführt. Die junge Familie - 1923 wurde Tochter Charlotte geboren - wohnte bis 1930 in der Schloßstr. 29 im ersten Stock über dem Konfektionshaus. 1930 zogen sie in die Albrechtstr. 38 um. Hier lebte bereits ihre Tante, die verwitwete Friederike Wangenheim.
Vielleicht befassten sich Lilli und Martin Philipp 1934/35 bereits mit Auswanderungsplänen - jedenfalls übertrug 1935/36 Lilli ihrer Tante Elfriede Blumenthal, geb. Weiss die Hälfte der Albrechtstr. 38. Familie Philipp flüchtete am 27. Juli 1939 nach Chile.
Elfriede Blumenthal und ihr Ehemann Ludwig kehrten 1939 aus Mahlow nach Berlin zurück und zogen in die Albrechtstr. 38 ein. Inzwischen lebte seit 1934 dort ausser Lilli, Martin und Charlotte Philipp sowie Schwester Friederike Wangenheim auch die verwitwete Schwester Marianne Kaiser.
1938/39 zogen zudem Mariannes Tochter Herta mit ihrem Mann Max Moritz Lewy ein sowie der Neffe Georg Schindler mit seiner Ehefrau Klothilde in der Albrechtstr, 38 ein. Vorübergehend hielt sich kurzfristig auch Georgs Schwester, die geschiedene Rosa Kaufmann, bis zu ihrer
Emigration
1938 nach Shanghai in der Albrechtstr. 38 auf.
Elfriedes Tochter Herta, ihrem Sohn Wolfgang und Ehemann Arthur Schindler - der Bruder von Georg Schindler - war 1938 die Flucht nach Buenos Aires gelungen.
Nach dem Verkauf von Lilli Philipps Anteil an der Albrechtstr. 38 wurde das Grundstück geteilt: Im Adressbuch standen nun für die Nr. 38 außer Elfriede noch zwei Miteigentümer: Frau Lohmann aus der Elisenstr. 2 und Fleischermeister Pfuhlmann aus der Sedanstr. 2. Für die Nr. 38a war der Rentier Benzing aus der Sedanstr. 1 im Adressbuch ausgewiesen. Elfriede Blumenthal stand sie bis 1942 als Eigentümerin der Albrechtstr. 38 im Adressbuch.
Am 9. August 1940 starb Elfriedes Schwester Friederike Wangenheim.
Am 14. September 1942 wurde Marianne Kaiser, geb. Weiss, nach Theresienstadt deportiert. "Offiziell" starb starb sie dort am 13. Juli 1943.
Am 9. Dezember 1942 wurden Mariannes Tochter Hertha und ihr Ehemann Max Moritz Lewy nach Auschwitz deportiert und ermordet.
Am 03. März 1943 wurden Ludwig und Elfriede Blumenthal, geb. Weiss mit dem 33. Ost-Transport nach Auschwitz deportiert und ermordet. In diesem Transport befand sich ebenfalls der Neffe Georg Schindler;
seine Ehefrau Klothilde war bereits einen Tag zuvor, am 2. März 1943, nach Auschwitz deportiert worden.
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