Hertha Fleischer geb. Meyer

Verlegeort
Gleimstraße 26
Bezirk/Ortsteil
Prenzlauer Berg
Verlegedatum
05. September 2018
Geboren
05. Juni 1893 in Schwanau (Westpreußen) / Sianowo
Deportation
am 03. Mai 1944 von Berlin in das KZ Auschwitz
Ermordet
09. November 1944 im KZ Auschwitz
Biografie

Hertha Fleischer, geb. Meyer, wurde am 5. Juni 1893 im westpreußischen Schwanau (heute Sianowo in Polen) geboren. Nur wenige Informationen zu ihrer Biografie sind überliefert. 

Zu einem unbekannten Zeitpunkt heiratete Hertha Sally Fleischer, der 1937 verstarb. 1920 brachte sie die Tochter Vera zur Welt. Zwei Jahre später, am 02.05.1922, wurde Sohn Martin Michael im brandenburgischen Guben geboren. 

Die kleine Familie wohnte später, bevor sie Ende der 1930er Jahre nach Berlin zog, im damals noch eigenständigen Fünfeichen, dem heutigen Ortsteil der Stadt Neubrandenburg in Mecklenburg-Vorpommern. 

Bereits in Fünfeichen nahm Hertha die Pflegetochter Norma (*11.12.1930) bei sich auf, die zu Ostern 1937 in die dortige Volksschule eingeschult wurde. 

Im November 1938 zog Hertha mit ihren zwei Kindern und der Pflegetochter nach Berlin. Die Familie Fleischer lebte dort eine Zeit in der Weinmeisterstr. 10/11 in Mitte. Hertha hielt ihre kleine Familie als Reinigungsfrau über Wasser. Der letzte frei gewählte Wohnsitz der Familie war die Gleimstraße 26 in Prenzlauer Berg.

Hertha, ihre Tochter Vera und deren Ehemann Friedbert Cassel wurden am 3. Mai 1944 mit dem „52. Osttransport“ nach Auschwitz deportiert und zunächst zum Arbeitseinsatz „selektiert“. Hertha wurde dort am 9. November 1944 ermordet.

Im selben Monat wurde Vera Cassel von Auschwitz weiter in das Außenlager Wilischthal des KZ Flössenburg verschleppt, wo ihr Eingang am 22. November 1944 registriert wurde. Die in dem Außenlager inhaftierten Frauen mussten Zwangsarbeit an einem Glüh- oder Schmelzofen verrichten und in einer stillgelegten Textilfabrik Maschinenpistolen-Einzelteile für die „Deutsche Kühl- und Kraftmaschinen GmbH“ (DKK) zusammensetzen. Im April 1945 wurde das Lager aufgelöst und Vera mit den anderen Inhaftierten nach Theresienstadt weiter verschleppt, wo sie Anfang Mai durch sowjetische Truppen befreit wurde. 

Auch Friedbert Cassel gehörte zu den wenigen Auschwitz-Überlebenden und das Ehepaar konnte 1946 in die USA auswandern. 

Martin Michael wurde am 12. Juli 1944 mit dem „55. Osttransport“ ebenfalls nach Auschwitz deportiert. Auch er überlebte das Lager offenbar bis zur Befreiung im Januar 1945. Aus nicht weiter geklärten Umständen verstarb er dort allerdings im März desselben Jahres. Es ist anzunehmen, dass er an Entkräftung oder Krankheit starb, die er sich im Lager zugezogen hatte. 

Die Transporte mit denen die Fleischers deportiert wurden, waren unter den Letzten, die Berlin in Richtung des Vernichtungslagers Auschwitz verließen. Warum die Familienmitglieder sich so lange der Deportation entziehen konnten, lässt sich aus späteren Karteikarten des American Jewish Joint Distribution Committee (AJDC) rekonstruieren: Hertha Fleischer und ihre Kinder waren bereits für die Deportation mit dem „28. Osttransport“ am 3. Februar 1943 nach Auschwitz vorgesehen. Der drohenden Deportation entzogen sie sich offenbar durch Flucht in die Illegalität. 

Wann und wo die Fleischers verhaftet wurden ist nicht überliefert, ebenso wenig wie weitere Informationen zu ihrer Zeit im Berliner „Untergrund“. 

Bereits ein Jahr zuvor war Herthas Pflegetochter Norma in Auschwitz ermordet worden. Sie war am 26. Februar 1943 mit dem „30. Osttransport“ dorthin deportiert worden. Aus ihrer „Vermögenserklärung“ geht hervor, dass sie im Januar 1943 zur Familie Itzig kam, die in der Reichenberger Straße 181 in Kreuzberg wohnte. Warum sie zu dieser Familie kam und von ihrer bisherigen Pflegemutter getrennt wurde, geht aus den Dokumenten nicht eindeutig hervor, steht aber vermutlich in Zusammenhang mit dem Untertauchen der Fleischers. Für Norma wurde am 16. November 2015 ein Stolperstein an der Reichenberger Str. 181 verlegt.