Gerda M. Meyer

Verlegeort
Schönhauser Straße 16b
Bezirk/Ortsteil
Steglitz
Verlegedatum
14. Oktober 2024
Geboren
27. März 1910 in Berlin
Beruf
Fürsorgerin
Überlebt
Biografie

Gerda M. Meyer wurde am 27. März 1910 in Berlin geboren.

Gerda und Irmgard  Meyer waren zwei von drei Geschwistern. Ihr Vater Fritz kam aus einer jüdischen Familie, ihre Mutter Anni war evangelisch. Die Beziehung der beiden Schwestern Irmgard und Gerda war sehr innig. Wie seit Generationen in der Familie Meyer üblich, legten die Eltern Wert auf eine gute Bildung und Ausbildung ihrer Töchter. Nach ihrem Schulabschluss verbrachte Irmgard drei Monate in Frankreich. Auch Gerda verbrachte nach Beendigung der Schule eine Zeit im Ausland. Zurück in Deutschland, trat Gerda am 6. Oktober 1931 mit großer Begeisterung ihre Ausbildung als Fürsorgerin an der Sozialen Frauenschule (heute Alice Salomon Hochschule) an. Sie genoss die vielen neuen Eindrücke und die offene Atmosphäre an der Schule. Hier lernte sie Lilli Mellenthin kennen, die später Gerdas beste Freundin wurde. 

Am 5. Juni 1933 flüchtete Gerdas Schwester Irmgard in den Tod, ohne ersichtlichen Grund. Drei Tage vorher waren die beiden noch zusammen im Kino gewesen. Irmgard wurde 28 Jahre alt. 

Keine zwei Monate später, am 26. Juli 1933, beendete Gerda ihre Ausbildung als Fürsorgerin mit einem Einser-Examen, allerdings bekam sie aufgrund ihrer jüdischen Abstammung Berufsverbot. Sie hatte jedoch Glück: Ein mutiger, mit der Familie befreundeter Geschäftsmann stellte Gerda als Sekretärin und später als Geschäftsführerin ein. Mutig, weil auch er keine Menschen jüdischer Herkunft anstellen durfte. Da in seinem Betrieb jedoch kriegswichtige Produkte hergestellt wurden, gab es offensichtlich für ihn in dieser Hinsicht einen besonderen Spielraum. Gerda war bis Ende 1944 bei ihm beschäftigt. 

Zurück zu 1933: Irmgards tragischer Tod und das Berufsverbot waren der Anfang der Folgen der Verfolgung durch die Nationalsozialisten in Gerdas persönlichem Umfeld. Nachdem ihr Bruder Hans Erich bereits nach Südafrika ausgewandert war, emigrierten die Eltern am 30. April 1940 ebenfalls dorthin, wo alle drei der Verfolgung entgehen konnten. Bis 1943 wurden alle jüdischen Verwandten von Gerda in Berlin deportiert. Ein großer Teil wurde in Konzentrationslagern ermordet. 

Am 16.11.1941 lernte Gerda Werner Rabinowicz kennen. Werner war Jude und wurde 1938 gezwungen, sein Studium an der Humbold Universität abzubrechen. Seitdem arbeitete er im Straßenbau. Seine Mutter emigrierte 1942 nach Argentinien, ein großer Teil seiner Familie war bereits deportiert. Als Diabetiker setzte die Arbeit im Straßenbau seiner Gesundheit sehr zu. Er hatte keinen festen Wohnsitz, sondern war als Jude auf die wechselnde Aufnahme bei mutigen Freunden angewiesen. Mehrfach konnte Werner durch günstige Umstände der Deportation entgehen. Trotz aller Einschränkungen verbrachten Gerda und Werner eine glückliche Zeit miteinander und wurden die wichtigsten Menschen füreinander. 1943 sah Werner keine Möglichkeit mehr, der Deportation zu entkommen. Außerdem war es für ihn als Jude nicht mehr möglich, Diabetes-Medikamente zu bekommen. In seiner Verzweiflung traf er die Entscheidung in den Tod zu flüchten. Er starb in Gerdas Armen am 6. März 1943. Werner wurde 32 Jahre alt. 

Mit Hilfe ihrer Freundin Lilli Mellenthin und deren Familie überlebte Gerda die Kriegs- und Nachkriegsjahre. Obwohl sie bis zu ihrem Lebensende alleinstehend blieb, führte sie ein glückliches Leben und wurde 99 Jahre alt. 

Am 14. Oktober 2024 wurden für Gerda M. Meyer, ihre Schwester Irmgard Meyer und für Werner Rabinowicz in der Schönhauser Str. 16B in Steglitz Stolpersteine verlegt.