Clara Anna Dehn wurde am 28. April 1865 in Berlin geboren. Sie war die zweite Tochter des Kaufmanns Heinrich Siegismund Philippson (geb. 1832 in Grünberg/ Schlesien, gest. am 22. Oktober 1892 in Berlin) und seiner Frau Cäcilie Loewy (*1836 in Frankfurt/Oder, +28.01.1918 in Berlin).
Ein Inserat teilte mit: „Die Verlobung ihrer Tochter Clara mit Herrn Leberecht Dehn zeigt ergebenst an, Cäcilie Philippson geb. Loewy. Ahlbeck, im August 1900. Moltkestr. 3“. Clara und Leberecht heirateten am 10. Dezember 1900 in Charlottenburg. Leberecht Dehn (*03.02.1856, Danzig, +07.01.1928, Berlin) betrieb zu der Zeit das „Centralbureau für Annoncen an Straßenbahn Wagen“ am Stuttgarter Platz 9 in Charlottenburg.
Leberecht brachte zwei Kinder mit in die Ehe. Der Sohn Leo wurde am 29. Oktober 1885 in Berlin geboren. Er war u.a. als Hausverwalter tätig und starb am 2. September 1936. Leos Schwester Alice Emmi (*22.10.1888 in Berlin) und ihr Ehemann, der Kaufmann Otto Stern (*9.11.1877 in Siegburg), lebten in Berlin-Moabit in der Altonaer Straße 6. Sie wurden am 19. Januar 1942 mit dem „IX. Transport“ deportiert. Dieser wurde von Berliner Schutzpolizisten begleitet und erreichte das Ziel Riga am 23. Januar 1942. Alice Emmi Stern wurde am 8. Januar 1945 im KZ Stutthof ermordet. Datum, Ort und Umstände des Todes von Otto Stern sind nicht bekannt. An das Schicksal von Alice Emmi und Otto und an viele andere ermordete Juden aus Berlin-Moabit erinnert das „Fenster der Erinnerung“ im Eingangsbereich des U-Bahnhofs Hansaplatz.
Aus der Ehe von Leberecht und Clara ging der Sohn Heinz Dehn hervor. Er wurde am 23. September 1905 geboren. Am 1. April 1937 heiratete er die am 19. Oktober 1912 in Posen geborene Kindergärtnerin Margot Bick. Heinz konnte nach zweijähriger KZ-Haft u.a. in Buchenwald, nach England fliehen. Von dort aus gelangte er nach Australien. Seine Frau Margot, die Tochter Monika Ruth (*1937) und der Sohn Denny (*1940) aber blieben in Berlin zurück. Sie wurden – gemeinsam mit Margots Mutter Dora Hartmann – am 19. Oktober 1942 nach Riga deportiert und dort ermordet. (Stolpersteine vor dem Haus Dahlmannstr.10).
Die seit 1928 verwitwete Clara Dehn hatte nach der Flucht ihres Sohnes Heinz zunehmend unter den antisemitischen Maßnahmen in Deutschland zu leiden. „Ich bin immer noch in der Wohnung, habe aber mein Esszimmer und Schlafzimmer zusammengestellt, weil ich soviel vermieten muss“, schrieb sie am 10. Dezember 1941 ihrem Sohn nach Australien. In dem Brief berichtete sie auch, „daß ich die Judenabgabe nicht voll bezahlen konnte und beim Finanzamt auch Schulden hatte … So mußte ich das Haus verkaufen, da es mir sonst genommen worden wäre.“
Clara war gezwungen, aus ihren angestammten Wohnungen vertriebene jüdische Menschen in ihrer Wohnung aufzunehmen. Zudem musste sie ab 1939 ihre Barmittel auf ein Sperrkonto einzahlen, über das sie nicht beliebig verfügen, sondern Miete, Strom, Gas usw. zahlen und weitere Gelder nur bis zu genehmigter Höhe abheben durfte. Sie musste das von Leberecht geerbte Mietshaus weit unter Wert verkaufen und erhielt nicht einmal den vertraglich vereinbarten Kaufpreis ausgezahlt.
Clara Dehn wurde am 31. August 1942 mit dem Transport I/55, dem sog. „53. Alterstransport" nach Theresienstadt deportiert. In der Deportationsliste war sie als „ledig" verzeichnet, obwohl sie verwitwet war. Von dort führte ihr letzter Weg mit dem Transport Bs Nr. 327 am 29. September 1942 in das Vernichtungslager Treblinka .
Die Deutschen hatten keine Scheu, nicht nur die Lebenden, sondern auch die von ihnen Ermordeten systematisch zu berauben. Clara Dehns Bankkonto wurde erst am 20. Juli 1943 – also 8 Monate nach ihrem Tod – geschlossen. Die Deutsche Bank behauptete später, dass Clara Dehn über die Einziehung des erheblichen Vermögens bereits am 28. August 1942 – also drei Tage vor ihrer Deportation – durch eine entsprechende Gestapoverfügung informiert worden wäre. 1957 berief die Bank sich darauf, dass alles nach Recht und Gesetz geschehen sei.
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