Marianne Kaiser geb. Weiss wurde am 17. März 1863 in Lohnau, Schlesien geboren. Ihre Schwestern waren Elfriede Blumenthal, geborene Weiss und Friederike Wangenheim, geborene Weiss. Ihr Bruder Adolf Weiss erwarb 1925 das Grundstück Albrechtstr.38. Dieser Besitz wurde nach seinem Tod zwischen seiner Schwester Elfriede Blumenthal und seiner Tochter Lilly Philipp aufgeteilt.
Marianne Weiss heiratete Max Kaiser. Als dessen Witwe führte sie spätestens ab 1920 ein Konfektionshaus in Steglitz, Albrechtstraße 114. Ab 1934 wohnte sie in der Albrechtstraße 38.
Die Schwester Friederike Wangenheim geb. Weiss (*30.09.1870) war mit dem Herrenausstatter Georg Wangenheim verheiratet. Er hatte 1913 in der Albrechtstraße 38 ein Putzgeschäft gegründet, wohnte aber in der Düppelstraße 39 a. Nach seinem Tod führte die Witwe Friederike die Firma ab 1935 fort. Friederike Wangenheim starb am 9. August 1940. Sie hinterließ ihren Schwestern, Neffen und Nichten ein Barvermögen von über 25.000 RM. Am 7. Juli 1942 hatte der Notar Dr. Franz Georg Krüger, Rechtsanwalt am Kammergericht und Mitglied des NS-Rechtswahrerbundes folgende Anfrage an den Oberfinanzpräsidenten Berlin gerichtet:
„Betrifft: Erbschaft nach Friederike Sara Wangenheim geb. Weiss, verstorben am 9.8.1940, zuletzt in Berlin-Steglitz, Albrechtstr. 38 wohnhaft. In der oben bezeichneten Sache ist bei mir auf einem Anderkonto ein Betrag in Höhe von 25.478, 03 RM hinterlegt.
Erben sind ausweislich des anliegenden Erbscheins 11 nichtarische Personen, von den vier abgewandert sind. Ich bitte, mir mitzuteilen, ob gegen die Auszahlung der bei mir hinterlegten Erbportionen der in Deutschland verbliebenen Juden dort Bedenken bestehen.“
Nach ausführlichem Schriftwechsel und Ermittlungen über den Verbleib der Erben stellte die Geheime Staatspolizei, Staatspolizeileitstelle Berlin im letzten Einzelfall unter dem Datum 19. Dezember 1944 fest: „Der Jude und seine Ehefrau…, beide...in Berlin-Steglitz, Albrechtstr. 38 wohnhaft gewesen, sind am...nach dem Osten evakuiert worden. Ihr Vermögen ist mit dem gleichen Tag dem Reiche verfallen“.
Mit 1.000 Leidensgenossen wurde Marianne Kaiser im 65. Alterstransport vom 14. September 1942 nach Theresienstadt deportiert. Dort ist sie am 13. Juli 1943 gestorben. Mit ihr zusammen wurde auch Rosalie Herbst deportiert, die als Untermieterin bei Marianne Kaisers Schwester Elfriede Blumenthal wohnte.
Marianne Weiss wurde am 17. März 1863 in Lohnau, Schlesien geboren. Ihre Eltern waren Simon Weiss (1833 – 1906) und Henriette Weiss, geb. Weiss (1829 – 1901). Sie lebten in Lohnau, wo auch die drei ersten Kinder geboren wurden, bevor die Familie dann 1863/64 nach Ratibor umzog. Marianne war das dritte von mindestens acht Kindern dieser Familie. Ihre Geschwister waren, nachweislich der vorliegenden Geburtsurkunden:
• Goldine Schindler, geb. Weiss am 20.1.1860 in Lohnau/Cosel, starb 1936
• Ernestine Silberberg, geb. Weiss am 28.08.1861 in Lohnau / Cosel, wurde im August 1942 nach
Theresienstadt deportiert
• Adolf Weiss, geb. 1864 in Ratibor/ Schlesien, starb 1926
• Nathan Weiss, geb. 16.11.1865 in Ratibor/ Schlesien, wurde im Januar 1943 nach Theresienstadt
deportiert
• Gottlieb Weiss, geb. 3. Dezember 1866 in Ratibor/ Schlesien, starb 1932
• Friederike Wangenheim, geb. Weiss am 30.09.1870 in Ratibor/ Schlesien, starb 1940
• Elfriede Blumenthal, geb. Weiss am 06.04.1872 in Ratibor/ Schlesien, wurde im März 1943 nach Auschwitz
deportiert
In der Datenbank geni.com sind außerdem Wilhelm, geb. am 9. Juni 1868 in Ratibor, und Martha, geb. am 7. August 1869 in Ratibor als Kinder von Henriette und Simon Weiss ausgewiesen. Zu ihnen haben wir jedoch keine weiteren Spuren finden können.
Bereits Ende des 19. Jahrhunderts gab es engere Kontakte nach Berlin - zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten mehrere Kinder von Simon und Henriette Weiss beruflich nachweislich der Berliner Adressbücher in Berlin Fuß gefasst.
Marianne heiratete Alexander Kaiser. Er war bei der Reichsbahn "Eisenbahn-Betriebs-Sekretär". Das Ehepaar bekam eine Tochter: Hertha wurde am 21. Oktober 1903 in Ratibor geboren. 1905 lebte die Familie Kaiser in Berlin -Schöneberg in der Gothenstr. 1.
Offenbar war Alexander Kaiser in seiner beruflichen Laufbahn aufgestiegen und verdiente gut, denn ab 1912 war Alexander Kaiser Eigentümer des Hauses Schloßstr. 109 in Steglitz. Es gab 1912 zehn Mieter, die Familie Kaiser zog ebenfalls ein. Wenige Jahre später wurde er im Adressbuch als „Ob. Sekr. a.D.“ geführt , ab 1923 war er als „Pensionär“ ausgewiesen. Alexander Kaiser starb 1926. Nach dem Tod ihres Ehemannes Alexander war Marianne Kaiser ab 1927 bis 1938 als Eigentümerin der Schloßstr. 109.
1934 zog Marianne Kaiser von der Schloßstr. 109 in die Albrechtstraße 38 in Steglitz. Die Albrechtstr. 38 - ein Gebäude mit 30 Wohnungen und großem Grundstück - hatte ihr Bruder Adolf Weiss 1925 erworben, der jedoch im Jahr darauf schon starb. Er hatte seine Tochter Lilli als Eigentümerin eingesetzt.
Lilli war 1930 mit ihrem Ehemann Martin Philipp und der gemeinsamen Tochter Charlotte (geb. am 3. März 1923) von der Schloßstr. 29 in die Albrechtstr. 38 umgezogen. Seit 1929 lebte bereits Mariannes ebenfalls verwitwete Schwester Friederike in der Albrechtstr. 38. Friederike war mit dem Kaufmann Georg Wangenheim verheiratet gewesen und führte nach dessen Tod das Kaufhaus Wangenheim in der Albrechtstr. 130 weiter.
Auch Mariannes Tochter Hertha, die eine Ausbildung an der Handels-Hochschule der Corporation /Kaufmannschaft abgeschlossen hatte, konnte vermutlich nach 1933 nicht mehr in ihrem Beruf arbeiten. So zogen auch Herta und ihr Ehemann Max Moritz Lewy in der Albrechtstr.38 ein.
Im Laufe der Jahre und zunehmender Repression durch die Nationalsozialisten zogen weitere Angehörige der Familie Weiss in die Albrechtstr. 38: Im Jahr 1939 kehrten Mariannes Schwester Elfriede und ihr Ehemann Ludwig Blumenthal aus Mahlow nach Berlin zurück. Sie hatten vor ihrem Aufenthalt in Mahlow ein Vierteljahrhundert in der Schloßstr. 110 gelebt und gearbeitet. 1935 war Elfriede von ihrer Nichte Lilli als Miteigentümerin für die Albrechtstr. eingesetzt worden. Ein weiterer Neffe Mariannes - Georg Schindler, der Sohn ihrer älteren Schwester Goldine - flüchtete 1939 mit seiner Ehefrau Clothilde ebenfalls in die Albrechtstr. Darüberhinaus wurde dieses Haus in jüdischem Grundbesitz von den Nationalsozialisten auf für Zwangseinweisungen für jüdische Menschen genutzt, die aus ihren Wohnungen vertrieben wurden.
Marianne Kaiser, geb. Weiss, wurde am 14. September 1942 nach Theresienstadt deportiert.
Sie starb dort am 13. Juli 1943.
Am 9. Dezember 1942 wurden Mariannes Tochter Hertha und ihr Ehemann Max Moritz Lewy nach Auschwitz deportiert und ermordet.
Mariannes Schwester Friederike Wangenheim war bereits am 9. August 1940 in der Albrechtstr. 38 gestorben.
Die Nichte Lilli konnte mit ihrer Familie am 27. Juli 1939 nach Chile flüchten.
Am 03. März 1943 wurden Elfriede Blumenthal, geb. Weiss und ihr Ehemann Ludwig mit dem 33. Ost-Transport nach Auschwitz deportiert und ermordet. Auch der Neffe Georg Schindler wurde mit diesem Transport deportiert und ermordet; seine Ehefrau Klothilde war bereits einen Tag zuvor, am 2. März 1943 nach Auschwitz deportiert worden.
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