Georg Schindler

Verlegeort
Albrechtstr. 38
Bezirk/Ortsteil
Steglitz
Verlegedatum
19. September 2013
Geboren
14. Juli 1888 in Breslau (Schlesien) / Wrocław
Beruf
Kaufmann
Deportation
am 03. März 1943 nach Auschwitz
Ermordet
1943 in Auschwitz
Biografie

Georg Schindler wurde am 14. Juli 1888 in Breslau geboren. Er war ein Neffe von Friederike Wangenheim, geborene Weiss und gehörte damit zur Großfamilie Weiss. Er heiratete am 21. September 1919 im bayrischen Buttenwiesen die dort am 16. August 1894 geborene Klothilde Stern, genannt „Tilde“. Am 6. November 1919 zog das junge Paar nach Berlin.

1939 wurden sie Untermieter bei den Verwandten Kaiser und Lewy in der Albrechtstraße 38 in Steglitz. Nach deren Deportation im September und Dezember 1942 blieben Georg und Klothilde Schindler noch wenige Wochen in dieser Wohnung. 
Am 1. Februar 1943 fertigte die Gestapo -Leitstelle Berlin die Vermögen-Einziehungs-Verfügung aus. Am 1. März 1943 wurde sie ihnen mit Zustellungsurkunde überreicht im Sammellager in Moabit, Levetzowstraße 8. 
Georg Schindlerse Ehefrau Tilde wurde mit dem „31. Osttransport“ vom 2. März 1943 nach Auschwitz deportiert; Georg Schindler mit dem „32. Osttransport“ vom 3. März 1943. Beide wurden dort ermordet..

In einem für Yad Vashem erstellten Gedenkblatt vermutet eine nach Kalifornien ausgewanderte Schwägerin von Georg Schindler allerdings 1974, das Ehepaar sei in Dachau ums Leben gekommen.

Biografie

Georg Schindler wurde am 14. Juli 1888 in Breslau geboren. Seine Eltern waren der Kaufmann Josef Schindler (geb. 10.8. 1857 in Sohrau) und Goldine Weiss (geb. 20.1.1860 in Lohnau/Kosel). Die Familie war jüdisch. 
Nachweislich vorliegender Geburtsurkunden hatten Josef und Goldine Schindler fünf Kinder:

  • Clara, geb. 5. Dezember 1886 in Berlin Friedrichshagen, Amalienstr. 19
  • Georg, geb. 14. Juli 1888 in Breslau
  • Arthur, geb. 15. Februar 1896 in Breslau
  • Rosa, geb. 25. Juni 1897 in Breslau
  • Julius, geb. 24. Dezember 1898 in Berlin Friedrichshagen, Wilhelmstr. 36

Claras Lebensdaten konnten lediglich aus ihrer Geburts- und Sterbeurkunde entnommen werden. Nach Claras Geburt 1886 in Berlin zog die Familie Schindler nach Breslau, wo zwischen 1888 und 1897 Georg, Arthur und Rosa zur Welt kamen. 
Nach Rosas Geburt 1897 ist die Familie wieder nach Berlin gezogen, da das jüngste Kind Julius 1898 in Berlin- Friedrichshagen geboren wurde. 
Wo die Familie Schindler in den ersten Jahren in Berlin wohnte, konnte anhand der Berliner Adressbücher nicht genau aufgeklärt werden. Ab 1917 war Josef Schindler, Kaufmann, mit Adresse Schildhornstr. 96 in Berlin Steglitz zu finden. 

Georg Schindler war Kaufmann und heiratete am 21. September 1919 seine Verlobte Klothilde Stern, die am 16. August 1894 in Buttenwiesen in Bayern geboren worden war; die Hochzeit war - ausweislich des standesamtlichen Eintrages in der vorbereiteten Heiratsurkunde eigentlich für den 19. September 1919 geplant. Als Trauzeuge für Georg war Vater Josef Schindler eingetragen. Am 1. November 1919 meldete sich das Paar in Berlin an – eine entsprechende Notiz finden sich in den Akten des Brandenburgischen Landeshauptarchivs, die in der Erbsache Friederike Wangenheim, geb. Weiß, der 1940 verstorbenen Schwester von Georgs Mutter Goldine geführt wurden. Unter welcher Adresse Georg und Klothilde Schindler nach ihrer Hochzeit lebten, konnte anhand der Berliner und der jüdischen Adressbücher nicht zweifelsfrei herausgefunden werden. Soweit bekannt blieb die Ehe von Georg und Klothilde kinderlos.

Am 12. März 1924 starb Vater Josef Schindler mit 66 Jahren in seiner Wohnung in der Schildhornstr. 96. Der Tod des Vaters wurde von Georgs jüngstem Bruder Julius dem Standesamt gemeldet. Josef Schindler wurde am 17. März 1924 auf dem Jüdischen Friedhof Weissensee beerdigt (Feld K, Abt. 5, Nr. 66175). 
Georgs Mutter Goldine blieb in der Schildhornstr. 96 wohnen. Im Alter von 74 Jahren zog sie 1934 in die Schlossstr. 9 zu ihrer Tochter Rosa und ihrem Schwiegersohn Georg Kaufmann. Am 27. August 1936 starb Goldine Schindler, geb. Weiss, im Krankenhaus in der Trautenaustr. 5. Ihre Beisetzung auf dem Jüdischen Friedhof in Weissensee in der Nähe ihres Mannes wurde von ihrem Sohn Arthur beantragt. (Grab Nr. 94451)

Bei der Volkszählung vom 17.05.1939 wurden Georg und Klothilde Schindler als Untermieter bei Josef und Gertrud Friedländer in Berlin - Schöneberg, Willmanndamm 5, I erfasst. Es darf vermutet werden, dass die Einquartierung bei Ehepaar Friedländer für Georg und Klothilde Schindler nicht ganz freiwillig erfolgte. Friedländers wurde gemeinsam am 25. Januar 1942 mit dem 10. Osttransport, in dem sich überwiegend alte Menschen befanden, nach Riga deportiert. Von den 1044 im Güterwagen von Berlin Grunewald zusammengepferchten Menschen überlebten nur wenige den Transport in großer Kälte, der erst am 30. Januar in Riga eintraf. 
1939 zogen Georg und Klothilde in die Albrechtstr. 38 bei ihrer Tante Marianne Kaiser, geb. Weiss ein. Das Haus war im Besitz von Elfriede Blumenthal, einer Schwester von Georgs Mutter Goldine und seiner Kusine Lilli Philipp, geb. Weiss, der Tochter von Georgs Onkel Adolf Weiss. Adolf Weiss hatte 1925 Haus und Grundstück erworben, verstab jedoch im darauffolgenden Jahr. 1939 lebten in diesem Haus dauerhaft zehn Angehörige der Familie Weiss unter einem Dach. Auch Georgs Schwester Rosa hielt sich 1939 noch kurzfristig vor ihrer Emigration nach Shanghai in der Albrechtstr. 38 auf. Im Laufe der Jahre ab 1938/39 wurden vierzehn weitere jüdische Menschen in dieses Haus zwangs-einquartiert. 

Am 1. März 1943 mussten sich Georg und Klothilde Schindler von der Albrechtstr. 38 in das Sammellager Levetzowstraße 8 in Moabit begeben. 
Am 2. März 1943 wurde Klothilde Schindler, geb. Stern, mit dem 32. Osttransport in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Auf der bei Arolsen-Archiv einzusehenden Transportliste ist sie mit der Nummer 1199 erfasst. Insgesamt wurden mit diesem Zug 1756 Menschen deportiert. 
Georg Schindler wurde am 3. März 1943 mit dem 33. Osttransport nach Auschwitz deportiert. In diesem Transport befanden sich 1726 Menschen.

Das Schicksal von Georg Schindlers Geschwistern:

Georgs Bruder Julius – das jüngste Kind - heiratete am 3. April 1920 seine Verlobte Elsa Frieda Anna Knodel, geb. 26. November 1900. Anna Knodel verdiente ihren Lebensunterhalt als Verkäuferin, ihr Vater Robert Knodel war Monteur. Die Familie war evangelisch und lebte in Friedenau in der Odenwaldstr.16. Unter dieser Adresse lebten auch die Eheleute Julius und Anna Schindler, bis diese Ehe am 29. Juli 1938 geschieden wurde. 
Wenig später emigrierte Julius Schindler über Balboa, Panama Canal am 25. September 1940 in die USA. Seinem Antrag auf Einbürgerung in die USA war zu entnehmen, dass er am 3. Mai 1942 erneut geheiratet hatte: Die am 12. Dezember 1908 in Russland geborene Fanny Balter (der Geburtsname war aus Julius Einbürgerungsdokument von 1945 nicht ersichtlich) war bereits seit 1924 amerikanische Staatsbürgerin. Das Paar bekam einen Sohn Milton. 

Der Bruder Arthur heiratete am 22.10.1921 seine Verlobte Herta Henriette Blumenthal, die am 19.11.1901 im Wittkowitz, Mähren geboren war. Ihre Eltern waren der Uhrmacher Ludwig Blumenthal und Elfriede, geb. Weiss.  
Die Mütter von Arthur - Goldine Schindler – und von Herta - Elfriede Blumenthal - waren Schwestern. Beide Mütter waren geborene Weiss. Demnach war die Ehe zwischen Arthur und Herta zwischen Kusin und Kusine geschlossen worden. 
Hertas Vater Ludwig Blumenthal war 1914 im Berliner Adressbuch noch in der Florastr. 19 zu finden.  1915 lebte das Ehepaar bereits in der Schlossstr. 110;  auch Elfriede Blumenthal, geb. Weiss war mit ihrem Geschäft „Frieda Blumenthal, Hüte“ eingetragen.

Herta Blumenthal und Arthur Schindler wohnten in der Schlossstr. 110, diese Adresse wurde in der Heiratsurkunde für beide Brautleute als Wohnort eingetragen. 
Ab 1926 ist Arthur Schindler in der Schlossstr. 101 mit einem Modegeschäft im Berliner Adressbuch zu finden. Ab 1932 führte er in der Schlossstr. 107/108 außerdem ein größeres Damenhutgeschäft. Mit mehreren Angestellten wurden Hüte dort hergestellt und verkauft. 
1938 wurden beide Geschäfte von den Nationalsozialisten liquidiert. 
1938 emigrierten Arthur und Herta mit ihrem Sohn Wolfgang nach Buenos Aires, Argentinien.

Georgs Schwester Clara Schindler wurde am 30. Oktober 1922 vormittags tot in der elterlichen Wohnung in der Schildhornstr. 96 aufgefunden. Laut Sterbeurkunde meldete ihr Bruder Arthur Schindler, Schlossstr. 110, dem Standesamt Steglitz das Ableben von Clara. Sie wurde 35 Jahre alt und war laut Eintrag in der Sterbeurkunde „ledig und berufslos“.

Georgs Schwester Rosa heiratete am 19. Januar 1923 ihren Verlobten, den Vertreter Georg Kaufmann, geboren am 17. Juni 1892 in Raschkow. Rosas Vater Josef Schindler begleitete seine Tochter als Trauzeuge. Für Georg war sein Bruder Hugo Kaufmann Trauzeuge.
Die Ehe von Rosa und Georg Kaufmann wurde am 23. Dezember 1937 rechtskräftig geschieden
Georg Kaufmann heiratete am 23. März 1939 in zweiter Ehe seine Schwägerin Erna, geb. Jacobsen, die Schwester der Ehefrau Hertha seines Bruders Hugo. Die Brüder lebten 1939 gemeinsam in Mitte, Diercksenstr. 1. 
Hugo Kaufmann starb am 2. Dezember 1942 in Berlin. 
Am 3. Februar 1943 wurden Georg und Erna Kaufmann, Hertha Kaufmann – die Witwe von Hugo Kaufmann – und ihre Tochter Ruth (geb. 3. April 1922) mit dem 28. Osttransport nach Auschwitz deportiert.

Rosa Kaufmann, geb. Schindler, zog wenig Zeit nach ihrer Scheidung ebenfalls in die Albrechtstr. 38.
1939 flüchtete Rosa Kaufmann nach Shanghai. Dort heiratete sie 1940 Curt Codik (geb. am 3. Januar 1894 in Berlin). Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs konnten Rosa und Curt Codik Shanghai verlassen und in die USA einreisen.  Später jedoch kehrte Rosa nach Berlin zurück, wo sie am 2. Juni 1972 starb. Sie wurde in Berlin Lankwitz auf dem Dreifaltigkeits-Friedhof bestattet.