Alfred Breslaur, der am Ende seines Lebens den Namen Breslauer mit e schrieb, wurde am 5. April 1878 als erster Sohn von Emil Samuel Breslaur (1836-1899) und dessen Ehefrau Emilie Michle Breslaur geborene Tugendreich (1841-1928) in Berlin geboren. Sein Vater Emil Breslaur war ein bekannter Pianist und Komponist, der 1863 von Cottbus nach Berlin gezogen war, um am Stern‘schen Konservatorium zu studieren. Ihn interessierte besonders die pädagogische Seite des Klavierunterrichts. So verwundert es nicht, dass er von 1868 bis 1879 an Theodor Kulkas Neuer Musikakademie der Tonkunst als Lehrer wirkte. Nachdem er im März 1877 Emilie Tugendreich aus Bromberg in Pommern (heute Bydgoszcz in Polen) geheiratet hatte, begründete er 1878 die Zeitschrift „Der Klavier-Lehrer“, deren Herausgeber er bis zu seinem Tod war.
Alfreds Schwester Käthe Else kam 1882 zur Welt. Da ihr Vater 1883 Chorleiter der Reformierten Synagoge in Berlin wurde, ist anzunehmen, dass die Kinder im jüdischen Glauben aufwuchsen. Als Alfred 21 Jahre alt war, starb sein Vater am 26. Juli 1899 mit 63 Jahren in Berlin-Zehlendorf.
Alfred trat nicht in die Fußstapfen seines berühmten Vaters, sondern wurde Kaufmann und übernahm 1913 die Buchdruckerei Rosenthal & Co mit Fabrikationsräumen im Industriehaus Alt-Moabit 105.
Erst sehr spät, am 20. August 1919, heiratete er mit 41 Jahren die 26-jährige Anna Kastan (1893-1931). Die Ehe hielt nicht lange und wurde gut ein Jahr später im November 1920 geschieden.
Kurz darauf, am 15. Dezember 1920, heiratete Alfred die fast 20 Jahre jüngere Ella Flora Wallenberg (geboren am 3. Juli 1897), Tochter des Bankprokuristen Samuel Wallenberg (1868-1931) und dessen evangelischer Ehefrau Johanna Wallenberg geborene Kopitzke (1875-1948). Ella zog zusammen mit ihrem 6-jährigen Sohn Walter (geboren am 2. November 1914 in Berlin) zu Alfred an das Holsteiner Ufer 21 in Berlin-Moabit. Am 8. September 1923 kam ihr gemeinsamer Sohn Heinz-Wolfgang zur Welt.
Als Heinz fünf Jahre alt war, starb seine Großmutter, Alfreds Mutter Emilie Breslaur. Sie wurde auf dem jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee beigesetzt. Drei Jahre später, 1931, starb sein 63-jähriger Großvater, Ella Breslaurs Vater Samuel Wallenberg.
Ende 1929 musste Alfred Breslaur seine Buchdruckerei liquidieren. 1930 gründete er die Roco-Multigraph-Typendruckerei, ein Vervielfältigungsbüro für Werbebriefe. Als die Nationalsozialisten 1933 die Macht übernahmen, verschlechterten sich Alfred Breslaurs Geschäftsbedingungen aufgrund der antisemitischen Verordnungen der Regierung zusehends. Bis zu den Novemberpogromen 1938 führte er die Firma Rotographia Vervielfältigungen in der Tile-Wardenberg Straße 13 in Berlin-Tiergarten.
Bei der Minderheiten-Volkszählung am 17. Mai 1939 wohnte er zusammen mit seiner Ehefrau Ella auch in der Tile-Wardenberg Straße 13. Ihr 16-jähriger Sohn Heinz-Wolfgang machte zu der Zeit eine landwirtschaftliche Lehre zum Schweitzer (Melker) auf einem nicht-zionistischen Ausbildungsgut für deutsche Juden in Groß Breesen (heute Brzezno Trzebnica) in der Nähe von Breslau (heute Wrocław), welches die damalige Reichsvertretung der Deutschen Juden 1936 gegründet hatte.
Zwei Jahre später, am 14. Mai 1941, ließen sich Alfred und Ella Breslaur rechtskräftig scheiden. Ella Breslaur nahm daraufhin ihren Mädchennamen Wallenberg wieder an. Ihrer „arischen“ Mutter gelang es, ihre Tochter zu tarnen, sodass sie von antisemitischen Maßnahmen verschont blieb. Ella Wallenberg überlebte die Nazizeit.
Ab September 1941 wurde Alfred, wie alle Juden und Jüdinnen im Deutschen Reich, gezwungen, den gelben Stern zu tragen.
Am 7. Februar 1942 heiratete der 64-jährige Alfred Breslauer zum dritten Mal, diesmal die gleichaltrige Witwe und "Geltungsjüdin" Elsa Helene Müller geborene Wiener und zog zu ihr in eine Hochparterre-Wohnung in der Carmerstraße 5 in Berlin-Charlottenburg. Er leistete für 25 RM wöchentlich Zwangsarbeit in Spandau bei der Gleisbau-Firma Dudek.
Am 4. März 1943 wurden er und seine dritte Ehefrau Elsa von der Gestapo aufgefordert, eine Vermögenserklärung auszufüllen und zu unterschreiben. Vermögen hatten sie zu diesem Zeitpunkt keines mehr. Mit dem 35. Osttransport wurden Alfred und Elsa Breslauer am 6. März 1943 nach Auschwitz deportiert, wo sie ermordet wurden.
Alfred und Elsa Breslauer mussten aufgrund von antisemitischem Rassenwahn und Verschwörungstheorien mit jeweils 65 Jahren sterben.
Alfreds Sohn Heinz-Wolfgang Breslauer wurde am 31. März 1943 von der Gestapo in Groß Breesen verhaftet und 2. April 1943 von Breslau nach Theresienstadt deportiert. Am 10. Oktober 1943 lieferte die Gestapo ihn in das Konzentrationslager Dachau ein. Am 29. September 1944 wurde er nach Auschwitz deportiert, wo sie ihn mit 21 Jahren am 10. Oktober 1944 ermordeten. Seine Mutter Ella Wallenberg ging nach dem Krieg davon aus, dass er das Ghetto Theresienstadt nicht überlebt hätte.
Alfreds angenommener Sohn Walter Wallenberg fiel am 1. Oktober 1943 mit 28 Jahren als Unteroffizier im Zweiten Weltkrieg.
Die Verlegung der Stolpersteine für Alfred und Elsa Breslauer in der Carmerstraße 5 wurde durch David Mullard, dem Enkelsohn von Elsa Breslauer aus Kanada, initiiert.
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