Helga Chosch wurde am 23. Juni 1935 als zweites Kind des Kaufmanns Moritz Chosch und dessen Ehefrau Martha, geb. Bley, in Berlin geboren. Ihre Eltern hatten im August 1929 in Berlin-Prenzlauer Berg geheiratet. Bereits im September 1930 kam Helgas Bruder Horst auf die Welt.
1931 muss die Familie Chosch in die Woldenberger Straße 21 gezogen sein, denn ab der Ausgabe 1932 wird Moritz Chosch im Berliner Adressbuch unter dieser Anschrift als Kaufmann genannt. Die Familie zog in die Wohnung im Vorderhaus „2 Treppen“ (2. Etage).
Horst wurde Ostern 1937 in der Jüdischen Schule in der Rykestraße eingeschult. Moritz Chosch war zu diesem Zeitpunkt Angestellter der Jüdischen Gemeinde, wie aus der überlieferten Schulkartei von Horst ersichtlich ist. Martha wird Hausfrau gewesen sein.
Im Mai 1939 wurde im Deutschen Reich eine Volkszählung durchgeführt, in deren Rahmen alle Bürgerinnen und Bürger auf einer sogenannten Ergänzungskarte ihre „rassische Abstammung“ offenzulegen hatten. Diese Ergänzungskarten dienten dann den Nazis zur Vorbereitung und Verwaltung ihres planmäßigen Völkermords an der jüdischen Bevölkerung.
Anhand der heute noch im Bundesarchiv aufbewahrten Unterlagen wissen wir, dass alle vier Mitglieder der Familie Chosch vom deutschen Staat als „jüdisch-stämmig“ kategorisiert wurden. Damit waren sie allen antisemitischen Maßnahmen des NS-Staates wie Ausgrenzung, Entrechtung und Verfolgung unterworfen. Diese reichten von Berufsverboten und Enteignungen bis zur Deportation (beschönigend „Umsiedlung“ oder „Abwanderung“ genannt) und Ermordung durch Hunger, Krankheit, Massenerschießung oder in den Gaskammern der Vernichtungslager .
Helga Chosch wurde Ostern 1941 in die 3. Jüdische Schule in der Kaiserstraße in Berlin-Mitte eingeschult. Eine staatliche Schule durften jüdische Kinder seit November 1938 nicht mehr besuchen.
Hier lernte sie die gleichaltrige Rita Hinkelmann aus der Schieritzstraße 34 kennen. Die Mädchen freundeten sich an und legten ihren täglichen Schulweg – die ganze Greifswalder Straße bis über den Alexanderplatz zur Kaiserstraße – gemeinsam zurück. Die Erinnerung daran hat die Freundin Rita als schriftliche Überlieferung ihrer Familie hinterlassen.
Ab Oktober 1941 begannen die Nazis mit den planmäßigen Deportationen der jüdischen Bevölkerung.
Zum 30. Juni 1942 wurden alle jüdischen Schulen durch den Staat geschlossen; da hatten die Freundinnen Helga und Rita gerade ihre 1. Klasse beendet.
Die Eltern beider Mädchen waren – wie alle jüdischen Bürgerinnen und Bürger – zur Zwangsarbeit verpflichtet. Wie die Betroffenen die Betreuung ihrer Kinder regelten, ist heute nicht mehr zu rekonstruieren.
Am 17. Mai 1943 wurde Helgas Vater Moritz mit seinen beiden Kindern Helga und Horst auf dem „38. Osttransport“ nach Auschwitz deportiert.
Martha Chosch lag wohl – so die Erinnerung von Rita Hinkelmann – zum Zeitpunkt der Deportation ihrer Familie im Jüdischen Krankenhaus Wedding. Sie wurde 6 Wochen später, am 28. Juni 1943, mit dem „39. Osttransport“ nach Auschwitz deportiert.
Alle vier Mitglieder der Familie Chosch wurden im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz ermordet. Ihre genauen Todesdaten sind nicht dokumentiert.
Die Schulfreundin Rita Hinkelmann überlebte den NS-Terror, weil sie durch ihren „arischen“ Vater von der Deportation verschont blieb. Aus ihren schriftlichen Lebenserinnerungen erwuchs die Anregung, mit Stolpersteinen für die Erinnerung an das Schicksal der Familie Chosch zu sorgen. Für Rita und ihre Familie liegen Stolpersteine in der Schieritzstraße 34.
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