Wilhelm Jastrow

Verlegeort
Kaiser-Wilhelm-Str. 19a
Bezirk/Ortsteil
Lankwitz
Verlegedatum
23. Juni 2023
Geboren
16. März 1897 in Stettin
Beruf
Kaufmann und Vertreter
Flucht
1938 Uruguay
Überlebt
Biografie

Wilhelm, genannt Willi, wurde am 16. März 1897 in Stettin geboren. Seine Eltern waren der jüdische Schneider Julius Jonas Jastrow ( geb.1860) und die Kindergärtnerin Ernestine, geb. Spandau (1861).
Willi hatte vier Geschwister:

  •  Arno (geb.1890), dernoch im Jahr seiner Geburt verstarb
  • Alice (geb.1891), heiratete 920 Max Krisch 
  • Trude (geb.1892), heiratete 1934 Paul Sperling, der bereits 1937 verstarb.
  • Käthe (geb.1895), verheiratet mit Willy Basta. Die Tochter Gertrud wurde 1926 geboren.


Wilhelm Jastrow  war Kaufmann und Vertreter. Am 26. Mai 1928  heiratete er mit 31 Jahren im Standesamt Kreuzberg seine Cousine Amalie Anni Spandau, die am 3. Januar 1898 geboren war.  Die Heiratsurkunde weist ihren Beruf als Sekretärin aus. Trauzeuge  waren Paul Spandau, der Vater der Braut und  sein Schwager Willy Basta. 1931/32 waren Anni und Wilhelm Jastrow  im Jüdischen Adressbuch noch unter der Adresse Luisenufer 32  (heute Legiendamm) gemeldet, wo die Annis Familie lebte. 
Ab 1936 ist "Willi Jastrow, Vertreter" unter der Adresse  Kaiser-Wilhelm Str.19 in Tempelhof/Schöneberg zu finden.  Leider wurden die Stolpersteine für Anni und Wilhelm Jastrow von der Schöneberger Initiative irrtümlicherweise in der gleichnamigen Straße in Lankwitz und nicht in Tempelhof  verlegt, wo sich nachweislich aller Dokumente die Wohnung des Ehepaares befand. Heute ist dies die Burgemeisterstr. 19a.

Nach dem Machtantritt Hitlers und der Nationalsozialisten 1933 verschlechterte sich das Leben der jüdischen Bevölkerung drastisch. Ausgrenzung, Schikane, Hass und antijüdische Gesetze bestimmten das Leben.
Wilhelm Jastrow wurde im Zuge der Massenverhaftungen " Aktion Arbeitsscheu Reich " am 14. Juni 1938 festgehommen und im Konzentrationslager Buchenwald inhaftiert. Diese Massenverhaftungen der „Aktion Arbeitsscheu Reich“ im Frühjahr und Sommer 1938 waren in ihrer systematischen und reichsweiten Form neu für die NS-Verfolgungspolitik. Sie richteten sich gegen Personen, denen Polizei sowie Arbeits- und Wohlfahrtsämter vorwarfen, Arbeitsstellen abzulehnen und nicht arbeiten zu wollen. Schon geringe Vorstrafen reichten aus, um ins Visier der Kriminalpolizei zu geraten. Mit dieser Begründung wurden auch tausende Juden im Juni 1938 zur Zwangsarbeit in Konzentrationslager verschleppt.
Am 4. August 1938 wurde Wilhelm Jastrow aus Buchenwald entlassen. 
Willi und Anni  Jastrow flüchteten im Oktober 1938 nach Brasilien und gelangten über Uruguay nach Chile. 1939 wurde ihnen die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen.

Wilhelm Jastrow starb am 11. September 1977 in  seiner neuen Heimat Chile. Seine Ehefrau Anni Jastrow starb am 9. September 1989.

Wilhelms Schwester Käthe heiratete 1926 Willy Basta. Das Ehepaar zog in die Attilastr.114, bekamen im gleichen Jahr die Tochter Gertrud Rosalie Ulrike, die später Shoshana genannt wurde. 
1934 emigrierte die Familie nach Palästina. 
Für Willy, Käthe  und Gertrud Basta wurden in der Attilastrstr. 114 Stolpersteine verlegt.

 Wilhelm Jastrows Mutter Ernestine und seine Schwestern Alice und Trude konnten nicht aus Deutschland fliehen und wurden im Holocaust ermordet:

  •  Mutter Ernestine Jastrow, geb. Spandau, lebte 1939 bei ihrer Tochter Alice am Maybachufer 46 in Neukölln. 
    Am 17. August 1942 wurde die 81-Jährige nach Theresienstadt deportiert, wo sie wenige Tage später am 3. September 1942 verstarb. In der Transportliste wurde ihre Adresse mit Urbanstr. 71 bei Marcus erfasst.
  • Alice heiratete 1920 Max Krisch. Sie lebte 1939 am Maybachufer 46 in Neukölln. Am 12. Januar 1943 wurde sie nach Auschwitz deportiert und ermordet. In der Liste für den 26. Osttransport  wurde ihre Adresse mit Urbanstr. 71 erfasst.
  • Die verwitwete Trude wurde am 27. November 1941 nach Riga deportiert und ermordet.