Amalie Anni Spandau wurde am 3. Januar 1898 in Eberswalde geboren. Ihre Eltern waren der Kaufmann Paul Spandau (geb. 1870) und die Buchhalterin Emma, geb. Friedländer ( geb.1870). Anni hatte zwei Brüder:
- Ludwig Rudolf (geb.1901), der 1935 Elli Hedwig Stietz heiratete
- Günther Leo (geb.1904), der 1937 Hildegard Schayer heiratete . Die Tochter Monika wurde 1937 geboren.
Amalie Anni war Sekretärin und lebte bei ihren Eltern am Luisenufer 32 (jetzt Legiendamm) in Kreuzberg. Sie heiratete am 26. Mai 1928 im Standesamt Kreuzberg ihren Cousin, den Kaufmann Wilhelm Jastrow. 1931/32 waren Anni und Wilhelm Jastrow im Jüdischen Adressbuch noch unter der Adresse Luisenufer 32 gemeldet. Annis Vater Paul Spandau verstarb im Februar 1933 im Alter von 63 Jahren in der Charite.
Ab 1936 ist "Willi Jastrow, Vertreter" unter der Adresse Kaiser-Wilhelm Str.19 in Tempelhof/Schöneberg zu finden. Leider wurden die Stolpersteine für Anni und Wilhelm Jastrow von der Schöneberger Initiative irrtümlicherweise in der gleichnamigen Straße in Lankwitz und nicht in Tempelhof verlegt, wo sich nachweislich aller Dokumente die Wohnung des Ehepaares befand. Heute ist dies die Burgemeisterstr. 19a.
Nach dem Machtantritt Hitlers und der Nationalsozialisten 1933 verschlechterte sich das Leben der jüdischen Bevölkerung drastisch. Ausgrenzung, Schikane, Hass und antijüdische Gesetze bestimmten das Leben.
Annis Ehemann Wilhelm wurde im Zuge der Massenverhaftungen "
Aktion Arbeitsscheu Reich
" am 14. Juni 1938 festgehommen und im
Konzentrationslager
Buchenwald inhaftiert. Diese Massenverhaftungen der „Aktion Arbeitsscheu Reich“ im Frühjahr und Sommer 1938 waren in ihrer systematischen und reichsweiten Form neu für die NS-Verfolgungspolitik. Sie richteten sich gegen Personen, denen Polizei sowie Arbeits- und Wohlfahrtsämter vorwarfen, Arbeitsstellen abzulehnen und nicht arbeiten zu wollen. Schon geringe Vorstrafen reichten aus, um ins Visier der Kriminalpolizei zu geraten. Mit dieser Begründung wurden auch tausende Juden im Juni 1938 zur Zwangsarbeit in Konzentrationslager verschleppt.
Am 4. August 1938 wurde Wilhelm Jastrow aus Buchenwald entlassen.
Anni und ihr Ehemann Willi flüchteten im Oktober 1938 nach Brasilien und gelangten über Uruguay nach Chile. 1939 wurde ihnen die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen.
Anni Jastrow starb am 9. September 1989 in ihrer neuen Heimat Chile. Ihr Ehemann Willi, war bereits am 11. September 1977 verstorben.
Auch Anni Jastrows Brüder konnten aus Deutschland fliehen:
- Der Bruder Ludwig Rudolf, wohnte 1939 in der Oranienstr. 130 a in Kreuzberg. Ihm ist mit seiner Ehefrau die Flucht in die USA gelungen.
- Der Bruder Günter Leo lebte mit seiner Familie 1939 in der Zähringer Str. 33 in Wilmersdorf, zuletzt in der Mommsenstr. 65 in Charlottenburg. Der Familie gelang zum Jahresbeginn 1940 die Flucht in die Schweiz.
Wilhelms Schwester Käthe heiratete 1926 Willy Basta und bekam im gleichen Jahr die Tochter Gertrud Rosalie Ulrike, die später Shoshana genannt wurde. Die Familie lebte in der in die Attilastr.114.
1934 emigrierte die Familie nach Palästina.
Wilhelm Jastrows Mutter Ernestine und seine Schwestern Alice und Trude konnten nicht aus Deutschland fliehen und wurden im Holocaust ermordet:
- Mutter Ernestine Jastrow, geb. Spandau, lebte 1939 bei ihrer Tochter Alice am Maybachufer 46 in Neukölln.
Am 17. August 1942 wurde die 81-Jährige nach Theresienstadt deportiert, wo sie wenige Tage später am 3. September 1942 verstarb. In der Transportliste wurde ihre Adresse mit Urbanstr. 71 bei Marcus erfasst. - Alice heiratete 1920 Max Krisch. Sie lebte 1939 am Maybachufer 46 in Neukölln. Am 12. Januar 1943 wurde sie nach Auschwitz deportiert und ermordet. In der Liste für den 26. Osttransport wurde ihre Adresse mit Urbanstr. 71 erfasst.
- Die verwitwete Trude wurde am 27. November 1941 nach Riga deportiert und ermordet.
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