Leider stehen uns heute nur wenige Anhaltspunkte zum Leben von Dorothea Herlitz zur Verfügung. Dorothea wurde am 02. Juni 1913 als dritte Tochter des Steindruckers Ludwig Herlitz und seiner Frau Johanna Herlitz geb. Cohn in Berlin-Oberschöneweide geboren. Seit 1920 wohnte die inzwischen siebenköpfige Familie in einer 2-Zimmerwohnung im Hinterhof der Wattstr.11.
Der Vater arbeitete für den Berliner Magistrat.
Dorothea und ihre Geschwister gingen in die örtlichen Schulen. Soweit wir wissen, wurden die Kinder nicht im jüdischen Glauben erzogen, denn beide Eltern bezeichneten sich selbst als Dissidenten, eine damalige Bezeichnung für Konfessionslosigkeit. Familie Herlitz war eng mit dem Bezirk verbunden. Die Großmutter Rosa Cohn und die Zwillingsschwester der Mutter lebten in unmittelbarer Nähe.
Es ist nicht bekannt, ob Dorothea eine Berufsausbildung machte. Sie selbst gab bei der 1942 erzwungenen Vermögenserklärung Hausangestellte als ihren Beruf an. Vermutlich zog sie nach Erlangung ihrer beruflichen Selbstständigkeit aus der elterlichen Wohnung aus.
Der Tod von Dorotheas Vater 1933 brachte die Familie Herlitz in beträchtliche wirtschaftliche Schwierigkeiten. Der Bruder Oskar war noch minderjährig. Dorotheas Mutter war gezwungen, eines der beiden Zimmer unterzuvermieten.
Als sich in den folgenden Jahren die Lage für die jüdischen Bewohner Deutschlands verschlechterte, rückte die Familie zusammen. Dorothea, die alleinstehend war, zog 1939 zur Mutter zurück und trug mit ihrem Arbeitslohn zum Lebensunterhalt der Familie bei. Als Arbeitsstellen gab sie eine Anstellung bei einer Firma Gertrud Spittel in der Stallschreiberstraße in Kreuzberg/Mitte an. Außerdem war sie zur Zwangsarbeit bei den Norddeutschen Kabelwerken Berlin-Neukölln am Oberhafen 5-9 gezwungen. Ihren Restlohn von 14,21 RM zog die Oberfinanzbehörde nach der Deportation ein.
Die Wohnsituation in der Wattstr.11 wurde Anfang der 40er Jahre immer prekärer. Nach der Heirat von Bruder Oskar 1940 zog seine Frau Inge Jacobsohn ebenfalls dort ein. Dorothea bildete nun zusammen mit der ebenfalls zurückgekehrten Schwester Henriette und Mutter Johanna einen Haushalt. Die drei wohnten in der Küche.
Dorothea verfügte nie über die finanziellen Mittel, um rechtzeitig ins rettende Ausland zu flüchten. Sie wurde zusammen mit ihrer Mutter am 13. Juni 1942 mit dem sog. Osttransport XV vom Bhf. Grunewald in das Vernichtungslager Sobibor deportiert. Der Zug erreichte das Lager im besetzten Polen, im Länderdreieck mit Belarus und der Ukraine, am 15. oder 16. Juni 1942. Man geht heute davon aus, dass alle 1030 Insassen diesen Tag nicht überlebten. Die Deportierten mussten all ihr Hab und Gut abgeben und sich unter dem Vorwand der Desinfektion auch ihrer Kleidung entledigen, ehe sie über die sog. Himmelsstraße zu den als Duschen getarnten Gaskammern geführt wurden.
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