Henriette Herlitz wurde am 21. Oktober 1906 in der Oberschöneweider Rathenaustraße als älteste Tochter des Ehepaars Ludwig Herlitz und Johanna Herlitz geb. Cohn geboren. Später kamen weitere Geschwister dazu: Frida Rosa, Dorothea und Oskar.
Seit 1920 wohnte die große Familie in einer 2-Zimmerwohnung auf dem Hinterhof der Wattstr.11 in Oberschöneweide. Unterstützung erhielt sie durch Henriettes Großmutter Rosa Cohn, die bis zum ihrem Tod 1926 im Nebenhaus wohnte. Weitere Geschwister der Mutter - Zwillingsschwester Selma und Bruder Emil - hatten sich ebenfalls in der näheren Umgebung niedergelassen.
Der Vater - gelernter Steindrucker - sorgte in sicherer Stellung als Arbeiter beim Berliner Magistrat für den Lebensunterhalt.
Die Eltern hatten sich der jüdischen Religion entfremdet. Henriette und ihre Geschwister besuchten vermutlich die örtlichen Schulen. Später machte Henriette eine Ausbildung zur Näherin und verließ die Familie um auf eigenen Füßen zu stehen. Zur Volkszählung 1939 gab sie als Wohnsitz eine Untermiete in der Schöneweider Straße bei Hellermann an.
Um 1942 herum zog Henriette, die ledig war, zurück in die elterliche Wohnung. Die genauen Gründe sind nicht mehr bekannt, aber die Lebensumstände für jüdische Familien hatten sich sehr verschlechtert und die Familienmitglieder wollten sich sicher gegenseitig unterstützen. Die Wohnverhältnisse waren allerdings sehr beengt. Neben Johanna und Dorothea, die um 1939 zur Mutter zurückgezogen war, wohnten Oskar und seine Frau Inge sowie die nicht-jüdischen Untermieter eines Zimmers in der kleinen Wohnung. Die Löhne der Geschwister und der Schwägerin Inge mussten die Kosten für Miete und Unterhalt aufbringen. Bis auf die Mutter mussten alle Familienmitglieder Zwangsarbeit leisten. Henriette arbeitete bei Rose&Co., einer Firma für Altpapier und Alteisen in Schöneberg, in der Monumentenstraße, für 19 RM pro Woche.
Henriette verfügte offensichtlich nie über die finanziellen Mittel, die es ihr erlaubt hätten, sich ins Ausland zu retten . So konnte sie den Vernichtungsplänen nicht entkommen.
Als erstes traf es Henriettes Mutter und ihre Schwester Dorothea, die am 13. Juni 1942 in das
Vernichtungslager
Sobibor deportiert wurden.
Zwei Monate später, im August 1942, wurden ihr Bruder Oskar und seine Frau Inge nach Riga deportiert und dort ermordet.
Da Henriettes Untermietvertrag damit ungültig geworden war und die Untermieter alle Hebel in Bewegung setzten, um sie loszuwerden, war sie gezwungen die Wohnung zu verlassen. Im September 1942 zog sie nach Mitte, Spittelmarkt 14. Dort wohnte sie gemeinsam mit Maria Rösler geb. Rosenbusch., die ebenfalls später Opfer des
Holocaust
wurde.
Im Rahmen der Fabrikaktion Ende Februar 1943, die Berlin "judenfrei" machen sollte, wurden die jüdischen Zwangsarbeiter an ihren Arbeitsplätzen verhaftet und in Sammellager gebracht. Das betraf auch Henriette, die in das Sammellager "Clou", Mauerstraße, Berlin-Mitte, gezwungen wurde. Dort musste sie ihre Vermögenserklärung ausfüllen - sie gab ihren Bargeldbetrag mit 9 RM ! an.
Henriette Herlitz wurde am 3. März 1943 - gemeinsam mit mehr als 1700 Menschen -. nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.
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