Dr. Alfred Silberstein

Location 
Schönhauser Allee 144
District
Prenzlauer Berg
Stone was laid
12 June 2024
Born
07 August 1897 in Berlin
Occupation
Rechtsanwalt
Escape
1939 Shanghai
Survived
Biography

Alfred Joachim Silberstein wurde am 7. August 1897 als ältester von zwei Söhnen des Kaufmann Eugen Silberstein und dessen Ehefrau Jette geb. Ascher in der Wohnung der Eltern in der Goethestr. 58 in Charlottenburg (damals noch bei Berlin) geboren. Ihm folgte am 9. März 1900 sein Bruder Johann Philipp. Die Familie wohnte bis etwa 1907 unter verschiedenen Adressen in Charlottenburg. Ab der Ausgabe 1907 finden wir Vater Eugen Silberstein dann in Berlin-Mitte. Er betrieb in der Münzstraße 1 gemeinsam mit Hermann Kulke ein Bank-, Wechsel- und Lotteriegeschäft. Im Jahre 1916 zogen Eugen, Jette und die Kinder dann in die Schönhauser Allee 144 in die II. Etage in Berlin-Prenzlauer Berg.

Alfred war vermutlich ein sehr guter und zielstrebiger Schüler. Zwischen 1914 und 1916 wurde Alfred Silberstein als Kriegsteilnehmer im 1. WK verwundet. Im Mai 1916 konnte er sich an der Königlichen Friedrichs-Wilhelm-Universität zu Berlin (heute Humboldt-Uni) an der Juristischen Fakultät unter der Nr. 2246/106 immatrikulieren. Er studierte dort bis 7. März 1921. Sowohl die Im- als auch die Exmatrikulationsbescheinigungen befinden sich noch heute in Familienbesitz. Im März 1923 hat er an der Universität Breslau mit dem Thema: „Zum Rechtsbegriff der clausula rebus sic stantibus“ promoviert. Diese Dokumente sind noch heute im Archiv der Humboldt-Universität einsehbar. Dr. Alfred Silberstein eröffnete 1926 eine selbständige Rechtsanwalts-Kanzlei in der Burgstraße 29 im Bürohaus der Börse – so ab dem Adressbuch Berlin von 1927 nachlesbar. Am 26. Dezember 1929 heiratete er die drei Jahre jüngere Käthe Crohn. Ab der Ausgabe 1931 bis zur Ausgabe 1939 ist der Rechtsanwalt und Notar Dr. Alfred Silberstein dann unter der Anschrift Schönhauser Allee 144 verzeichnet. Im Januar 1931 wurde ihr Sohn Walter Horst geboren.

Mit der Machtübernahme der Nazis in Deutschland wurden auch für die Familie Silberstein die Lebensumstände immer dramatischer. Als Juden diffamiert, wurden sie in den Folgejahren systematisch entrechtet, enteignet und verfolgt.

So wurde auch dem Rechtsanwalt und Notar Dr. Alfred Silberstein die Ausübung seines Berufes verboten. Da er im 1. Weltkrieg gekämpft hatte, unterlag er einer Ausnahmeregelung, die dieses Berufsverbot nicht „schon“ 1933 sondern „erst“ 1938 in Kraft setzte. Nach der Pogromnacht im November 1938 wurde Alfred von einem Bekannten gewarnt und mit Papieren versehen, die ihm und seiner Familie eine legale Ausreise aus Nazi-Deutschland ermöglichte. Im März 1939 hatten sie alle notwendigen Papiere zur Ausreise beisammen, alle Formalien um die Auflösung der Wohnung waren erledigt …. doch Vater Eugen Silberstein verstarb am 5. April 1939 im Jüdischen Krankenhaus Wedding an Gesichtsrose und Herzschwäche. Nur fünf Tage nach Eugens Tod gelang es Sohn Alfred am 10. April 1939 mit der verwitweten Mutter, Jette Silberstein geb. Ascher, seiner Frau Käthe, dem 8-jährigen Sohn Horst sowie der Schwiegermutter Lieschen Crohn geb. Lewin per Zug über die Schweiz nach Italien und von dort mit einem Kreuzfahrtschiff nach Shanghai/China zu entkommen. Sogar den Abtransport des Hausrates per Container konnte Alfred noch organisieren – und damit die Existenzgrundlage der Familie in der Emigration in China- sichern. 

Die Mutter, Jette Silberstein starb im Mai 1946 noch in Shanghai. Danach konnten Alfred, Käthe, Walter und Schwiegermutter, Lieschen Crohn in die USA emigrieren, wo Alfred im August 1971 in Philadelphia - hoch angesehen für sein soziales Wirken - verstarb. 

Auf Antrag der Familie wurden am 12. Juni 2024 vor dem letzten frei gewählten Berliner Wohnsitz in der Schönhauser Allee 144 für Dr. Alfred Silberstein, seine Frau Käthe, den Sohn Horst sowie für die Eltern, Eugen und Jette Silberstein geb. Ascher, fünf Stolpersteine verlegt.